vom Asyle, 491
In allen vier Beziehungen aber erscheint es zweckmässig,
die in den verschiedenen Rechisdisciplinen vorgetragenen hier
einschlägigen Lehren zu trennen, indem auf diese Weise nicht
nur der Bestand der Wissenschaften, welche in der Regel von
verschiedenen Bearbeitern behandelt werden, sich deutlicher er-
giebt, sondern auch die Gründe gewisser Widersprüche sich von
selbst darlegen.
a) Die Ansichten über den Umfang der Rechts-
aufgabe des Staates überhaupt.
Man sollte glauben, dass eine so wichtige und wissenschaft-
lich ansprechende Frage, wie die nach dem räumlichen Umfange
der dem Staate zufallenden Rechtsaufgabe, eine. häufige und
gründliche Bearbeitung, eine zahlreiche Literatur veranlasst haben
müsse. Dem ist aber keineswegs so; und zwar zeigt eine nähere
Untersuchung, dass verschiedene Ursachen zu dieser Dürftigkeit
beigetragen haben.
Vorerst ist es überhaupt eine häufige Erscheinung, dass eine
schwierige Aufgabe, welche auf der Gränze verschiedener Wis-
‚senschalten liegt, nur eine unzureichende Bearbeitung findet.
Während sie gegenseitig zugeschoben wird, bleibt sie allerseits
liegen. Die Untersuchung über die Ausdehnung der Rechtsauf-
gabe des Staates mag an sich im philosophischen: Staatsrechte,
im Völkerrechte, im Strafrechle, in gewissen Beziehungen in der
allgemeinen Lehre des bürgerlichen Rechtes erörtert werden.
Dennoch, oder vielmehr eben desswegen, ist sie aber nur ganz
selten, und noch seltener in irgend einer Ausführlichkeit, be-
handelt worden. Wenn überhaupt berührt, wird sie in der Regel
mit einigen ganz allgemeinen Behauptungen abgeferligt, deren
Begründung und Ausführung angeblich anderen Wissenschaften
zusteht, dort dann aber nirgends zu finden ist.
Ein zweiter Grund der Nichtbeachtung ist, wenigstens in
Beziehung auf zwei der einschlägigen Rechisdisciplinen, ein innerer
und wissenschaftlicher. Sowohl das philosophische Staatsrecht
als das Völkerrecht sind nämlich während sehr langer Zeit von
Grundansichten beherrscht worden, die eine einlässliche Erörterung
der Frage, ob und wie weil der Staat etwa eine über seine