Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

vom Asyle. 499 
Gerichtsbarkeit unterliege. Zweitens nimmt er an, dass hinsicht- 
lich des im Auslande gegen uns fehlenden Ausländers ein natürliches 
Strafrecht bestehe, indem der Staat gegen ihn, welchen sein 
eigener Staat nicht im Geselze erhalte, in einen Naturzustand 
zurücktrete. Verbrechen von Ausländern gegen Ausländer im 
Auslande begangen betrachtet er als gar keinen Gegenstand der 
diesseitigen Staatsthätigkeit. (In wie ferne hiermit freilich der 
für Auslieferung geltend gemachte Grund, nämlich die Verpflich- 
tung des Staates, fremde Rechtspflege zu unterstützen, überein- 
stimmt, ist eine andere Frage.) 
Zahlreicher sind die Strafrechtslehrer, welche dem Staate eine 
über die eigene Sicherung hinausgehende Befugniss nicht einräu- 
men wollen; und es muss auch von Solchen, welche diese Ansicht 
nicht theilen, zugegeben werden, dass wenigstens ein Theil der An- 
hänger dieser Auffassung die Frage scharf und gründlich behan- 
delt hat. Es begegnen uns hier sehr bedeutende Namen. — So 
ist Kleinschrod ( Archiv für Crim.-R., Bd. VII, S. 381 ff.) 
der Ansicht, dass zwar allerdings während der Dauer des deut- 
schen Reiches in jedem deutschen Staate ein irgendwo in Deutsch- 
land gegen das gemeine Recht begangenes Verbrechen zu be- 
strafen gewesen sei; jedoch diese Aufgabe nur als eine Folge 
des geschichtlichen Umstandes der damaligen Rechts- und 
Staatseinheit erscheine. Für die souverän gewordenen Staaten 
(und somit überhaupt für alle unabhängigen Staaten) bestehe eine 
solche Verpflichtung, die Ordnung ausserhalb ihres Gebietes auf- 
recht zu erhalten, nicht mehr. — Feuerbach (Lehrb. des 
peinl. Rechtes, 14. Aufl., S. 54.) drängt seine Ansicht dahin zu- 
sammen, dass der Bürger nur den Strafgesetzen seines eigenen 
Staates unterworfen sei, daher gegen einen Ausländer lediglich 
die Strafgewalt des Staates der begangenen That, gegen einen 
im Auslande fehlenden Inländer überhaupt nur dann eine Straf- 
gewalt begründet sei, wenn er gegen das eigene Vaterland 
oder dessen Angehörige sich vergangen habe. — Die von Mit- 
termaier in den Noten zu Feuerbach (a. a. O., S. 55 saq.) 
aufgestellten Sätze sind wohl folgende: Der Staat hat keine all- 
gemeine Rechtspflicht, sondern thut genug, wenn er bei einem 
iin Auslande begangenen Verbrechen a) den Ausländer (wenig-
	        
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