516 Völkerrechtliche Lehre
mungen gegen die in dessen Schutz stehenden Rechte von Pri-
vaten. In allen diesen Fällen aber hat der Staat das Recht und
die Pflicht, schon bei blosser Wahrscheinlichkeit zu handeln,
vorausgeselzt, dass diese in objectiver und subjecliver Beziehung
genügend vorliegt. Er hat ferner die Aufgabe, immer die ent-
sprechenden Mittel anzuwenden. Er soll allerdings nicht über-
flüssige Belästigungen zum Behufe des Schutzes anordnen; da-
gegen müssen seine Anstalten unter allen Umständen dem Zwecke
gewachsen sein, und namentlich ist Bedrohungen besonders wich-
tiger Rechte, oder ungewöhnlich gewaltsamen, frechen und
häufigen Angriffen mit entsprechenden Vorkehrungen entgegen zu
treten. Endlich darf nicht erst auf Klage oder Bitte des Be-
drohten gewartet werden. Erhaltung der Weltrechtsordnung im
eigenen Gebiete ist unbedingte Pflicht, welche auch ohne Auf-
forderung vollzogen werden muss, sobald überhaupt sichere
Kenntniss irgend einer Art von der objecliven Nothwendigkeil
zugekommen ist. Und aus demselben Grunde entbindet auch
die Möglichkeit, dass der fremde Staat die Gefahr noch in seinem
Gebiete und mit seinen Mitteln besiegen könnte, nicht von dies-
seiliger Thätigkeit. — Hinsichtlich der einzelnen zu ergreifenden
Maassregel entscheidet natürlich die Erreichung des Zweckes.
Als Regel kann allerdings aufgestellt werden, dass der Staat zum
Schutze fremden Rechtes keine anderen Vorkehrungen zu treffen
hat, als er für seine eigene Rechtsordnung zweckiässig und erfor-
derlich findet. (Darf doch angenommen werden, dass er in letz-
terer Beziehung alles Nöthige thut.) Allein möglicherweise können
doch, wenn der Zweck nicht anders zu erreichen steht, auch
noch anderweitige Maassregeln verlangt werden, welche wohl
für die Bewahrung des äussern, nicht aber auch des innern
Rechtes von Bedeutung sind, oder im letzteren Verhältnisse nicht
in solcher Ausdehnung erforderlich zu sein pflegen. In solchem
Falle wäre die Einrede der Nichtanwendung für die eigene Si-
cherheit durchaus ungenügend; nicht diese, sondern eine fremde
soll ja gewahrt werden. Und eben so wenig wäre es ein ge-
nügender Unterlassungsgrund , dass zum Schutze eines fremden
Staates ein Recht der diesseitigen Bürger beschränkt werden
müsste. Wenn dieser Schulz eine Aufgabe des Staales ist, haben