Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

536 Völkerrechtliche Lehre 
Niemand kann verkennen, dass sowohl das kosmopolitische 
als das selbstsüchlige System in sich folgerichtig sind. Sobald 
man dem einen und dem andern seinen obersten Grundsatz ein- 
räumt, ergeben sich die weiteren Sätze mit logischer Nothwen- 
digkeit. Allein höchst verschieden sind die praktischen Folgen, 
welche sich sowohl für die betreffenden Staalen selbst, als für 
andere in weitem Kreise aus denselben entwickeln. 
Nahe liegen die guten Folgen in beiden Fällen. 
Das kosmopolitische System kann vor Allem den An- 
spruch machen, dass es, so wie es selbst. hervorgeht aus einer 
höhern Ansicht von dem Menschenzwecke, so auch diese An- 
sicht seiner Seils verstärkt. Eine solche uneigennützige, die 
ganze Welt umfassende Förderung der Rechtsordnung kann nur 
den Glauben an eine allgemeine Brüderlichkeit und an die Ge- 
meinsamkeit der Lebenszwecke aller Menschen befestigen und 
zur Föderung dieser Gesilligung auch in anderen Beziehungen 
aufmuntern. — Sodann muss nothwendig durch eine so allseilige 
Anerkennung und Stützung des Rechtes von Seiten des Staates 
das Rechtsbewusstsein der Bürger überhaupt gestärkt und erhöht 
werden. Sie sehen, dass kein Opfer gescheut wird, um dem 
Rechte zur Herrschaft zu verhelfen, selbst dann, wenn der Staat 
unmiltebar gar nicht betheiligt ist bei der Verletzung. Diess 
stellt den Rechtsgedanken unwillkührlich für Jeden hoch. — 
Endlich wird nalürlich durch solche Gebrechen des Staates die 
materielle Rechtssicherheit so sehr befestigt und ausgedehnt, als 
es überhaupt menschlichen Kräften möglich ist. Die Vortheile 
eines solchen ausgedehnten Schutzes bedürfen nicht erst eines 
Nachweises,. 
Knapper allerdings sind die Vortheille des selbstsüch- 
tigen Systemes; doch dürfen sie in ihrer Art nicht verkannt 
werden. Sie bestehen aber einmal darin, dass der Staat die ihm 
zu Gebote stehenden Kräfte zusammenhält zur Erreichung der 
ihm und den Seinigen zunächst anliegenden Bedürfnisse, und 
dass er also keine weiteren Forderungen an seine Bürger stellt, 
als unbedingt nothwendig ist. Sodann kann es, zweitens, nur als 
ein Nutzen erkannt werden, dass bei dem engern Wirksam- 
keitskreise, welchen sich der Staat hier zieht, keinerlei Berührung
	        
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