vom Asyle. 543
wird: so muss aus dem schützenden Gebiete jeden Falles eine
wahre Diebs- und Räuberhöhle werden, welche nicht nur den
Auswurf aller Völker gegen die verdiente Strafe schützt, sondern
aus welcher sie zu neuen Unthaten ausziehen. Ausserdem kann,
je nachdem die staatlichen Zustände in der Welt überhaupt sind,
auch noch ein Heerd für politische Unruhen und umwälzerische
Unternehmungen in weilester Tragweite gebildet werden. Es
ist möglich, dass sich die Flüchtlinge verschiedener Staaten in
einem solchen Asyle sammeln, sich unter sich verbinden und da-
durch verstärken, von hier aus die Bewegungen allerwärls unter-
halten, endlich bald dahin bald dorthin zu wohl vorbereiteten und
vielleicht umfassenden Angriffen sich wenden.
Nicht erst eines Beweises bedarf es aber, dass diese Uebel-
stände besonders kräftig hervortreten, ja zum Theile noch mit
weiteren vermehrt werden, wenn ein Staat das allgemeine Asyl-
recht so weit treibt, dass er die flüchtigen Fremden nicht blos
beherbergt, sondern sie auch grundsätzlich und somit ohne per-
sönliche Unterscheidung in sein Staatsbürgerrecht förmlich auf-
nimmt. In diesem Falle verliert nämlich der Staat einer Seits
selbst die geringe Möglichkeit von Aufsichtsmaassregeln und Be-
schränkungen, welche er etwa noch gegen blos geduldete Fremde
zum Rechtsschutze und zur Verminderung der oben angedeuteten
Nachtheile anwenden könnte; und anderer Seits kann er, viel-
leicht gegen Wunsch und bessere sittliche Ueberzeugung, in die
Lage kommen, sich eines mit auswärtigen Behörden in Unge-
legenheit gekommenen Staatsangehörigen dieser Art annehmen
zu müssen, während er einen blos geduldeten Fremden verdientem
Schicksale überlassen mag ").
1) Nicht erst der Bemerkung bedarf es, dass sich die Sache noch weit
schlimmer für einen solchen Staat gestaltet, wenn er nicht blos förmlich an-
genommene Bürger schützt, sondern eine Verpflichtung hierzu schon dann
anerkennt, wenn ein Flüchtling auch nur die ersten unvollkommenen Schritte
zu einer künftigen Aufnahme gemacht hat, z. B. eine Meldung um einstiges
Bürgerrecht, Ergreifung eines Domiciles im Lande u. dergl. Hier ist die
Möglichkeit eines Missbrauches der so unvorsichtig angebotenen Schutzgewalt
so gross; die Wahrscheinlichkeit vielfacher verdriesslicher Verwicklungen
mit andern Staaten so dringend; die Grundlage der ganzen Handlungsweise