vom Asyle. 583
Wenige Worte werden genügen, dasselbe zu beweisen von
den Staaten, welche das französische System befolgen. Es be-
steht diess, wie bemerkt, darin, dass einzelne Verbrechen nament-
lich hervorgehoben und nur diese mit Strafe auch für den Fall
ihrer Begehung gegen Fremde bedroht werden. — Hier ist nicht
sowohl gegen den Inhalt, als gegen die Form zu kämpfen. Im
Grundsatze ist keine Verschiedenheit. Auch die hier in Betracht
kommenden Staaten wollen in allen bedeutenden Fällen Beihülfe
leisten zur Wiederherstellung einer fremden Rechtsordnung. Al-
lein die von ihnen gewählte Art des Ausspruches ihres Willens
ist fehlerhaft. Die theoretische Lehre zeigt, und die französische
Gesetzgebung stimmt damit überein, dass für den Staat die Auf-
gabe bestehe, auch fremde Rechtsordnung zu fördern, hierbei je-
doch, aus Zweckmässigkeitsgründen, von der Bestrafung unbe-
deutender Verletzungen Fremder abgestanden werden könne.
Nun sollte es doch keinem Streite unterliegen, dass unter diesen
Umständen das einzig richtige Verfahren darin besteht, die Aus-
nahme, nämlich die freizulassenden kleineren Vergehen, scharf
zu bestimmen und zu umgränzen; nicht aber, die Regel aufzu-
lösen in eine zufällige Zahl von einzelnen Fällen, somit das Ver-
hältniss gerade umzudrehen. Der Tadel beruht nun aber nicht
etwa blos auf einer logischen Peinlichkeit; sondern er muss aus
höheren Gründen festgehalten werden. Einmal verliert sich bei
solcher Behandlung der grosse Grundsatz völlig aus dem Auge
und dem Bewusstsein. Der Staat erklärt nicht, dass er eine
Weltrechtsordnung anerkenne und ihr zu dienen verpflichtet sei;
sondern er bestimmt nur Strafen für gewisse Ausnahmsfälle.
Hieraus lässt sich weder ein allgemeiner Satz ableiten, noch dür-
fen daraus Schlüsse auf weitere Fragen gezogen werden. .Zwei-
tens aber wird der anwendende Staatsmann und Richter durch
die Bezeichnung nur einzelner Fälle anstatt eines Grundsatzes gar
leicht genöthigt, zur Anwendung der Analogie zu greifen. Dass
nun aber dieses Verfahren von allen Auslegungsarten die un-
sicherste und dem Streite am meisten ausgeseizte ist, weiss Jeder.
Endlich ist bei Veränderungen in der Geselzgebung Gefahr, dass
nutz- und absichtslos Schwierigkeiten entstehen, welche bei der
Aufstellung eines einheitlichen Grundsatzes gar nicht eintreten
Zeitschr. für Staatsw. 1853. 4s Helt. 38