über Armenpflege und Heimathsrecht. 55
gehender Krankheitsfälle aus eigener Kralt keine genügende
Vorsorge Irelfen, so ist ihm dies für die Fälle dauernder Ar-
beitsunfähigkeit und Sinken der Kräfte in höherm Alter noch
weniger möglich. Er bedarf hier noch vielmehr der Unter-
stützung durch Vereinigung, der gemeinsamen Leitung und vor
allen Dingen der Befruchtung seiner Anstrengungen durch höhere
Einsicht und Erfahrung.
Auf der andern Seite gehört es ohne Zweifel zu den Er-
fordernissen einer wahren Selbstständigkeit, dass der Arbeiter auch
für die Hinfälligkeit des Alters und einer ohne sein Verschulden
eintretenden Arbeitsunfähigkeit eine sichere, durch seine eigenen
Leistungen eröffnete und unterhaltene Hilfsquelle habe, und für
solche Fälle nicht lediglich .auf die Aushülfe der Armenpflege
verwiesen werde. Soll die Tugend der Umsicht und Sparsamkeit
bei den arbeitenden Klassen zu einer kräftigen Entwicklung und
allgemeinen Verbreitung gelangen, sollen sie nicht vielmehr
abgeschreckt als angespornt werden an die Bedürfnisse einer
entfernieren Zukunft zu denken und auch die Möglichkeit uner-
warteter Ereignisse zu erwägen, so muss die Gelegenheit ge-
boten sein, durch !reue Pflichterfüllung sich ein sorgenfreies
Alter zu bereiten, und gegen die Schläge unverschuldeten Un-
glücks Schulz zu finden. Das ist der Zweck einer Allersver-
sorgungs -— oder Invalidenkasse. Nach den in verschiedenen
Ländern gemachlen Erfahrungen und angestellten Untersuchungen
muss diese auf anderer Grundlage als blosse Krankenkassen
errichtet werden, und es empfiehlt sich dieselben gänzlich zu
trennen. Die Verwaltung der Krankenkassen, die Berechnung
der Beiträge und ihres Verhältnisses zu den zu gewährenden
Unterstülzungen wird ungemein erschwert und verwickelt, ihre
Sicherheit gefährdet und ihr Bestand untergraben, wenn man der
Krankenkasse auch die Last dauernder Unterslützungen für
die Fälle des Alters und der Arbeitsunfähigkeit auferlegen will.
Die Zwecke einer Krankenkasse — die Verabreichung
einer Unterstützung in den Fällen einer vorübergehenden
Krankheit — können wie die Erfahrung lehrt, schon bei einer
mässigen Zahl der gegenseitig Verbundenen genügend erreicht
werden. In vielen Beziehungen empfiehlt sich sogar die Beschrän-