Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

vom Asyle. 595 
finden dürfe. Nun findet sich aber, dass im Widerspruche mit 
dieser Lehre solche Auslieferungen vielfach zugestanden werden, 
und zwar auch von solchen Staaten, welche den Vorwurf schwer 
ertragen würden, schnöder Willkühr und Härte zu fröhnen. So 
z. B. die deutschen Staaten, namentlich seil dem Bundesschlusse 
vom 18. Aug. 1836, welcher die allgemeine gegenseitige Aus- 
lieferung von Staatsverbrechern anordnet. — Ist nun diese Ab- 
weichung von einer unter den übrigen gesitligten Völkern fast 
unwandelbar bestehenden Sitte zu tadeln, oder liegen etwa in 
den besonderen Verhältnissen dieser Länder Rechifertigungs- 
gründe? 
Es ist vor Allem zu unterscheiden. 
Wenn es deutsche Staaten gibt, welche ihre Geneigtheit zu 
Auslieferungen politischer Flüchtlinge auch gegenüber von nicht- 
deutschen Staaten bethätigen, so kann hier natürlich der Recht- 
fertigungsgrund nicht in den eigenthümlichen inneren Verhält- 
nissen gefunden werden. Der Bund ist in diesen Fällen nur 
etwa in so ferne von Bedeutung, als er selbst kleineren Ländern 
eine bedeutende Stütze gewährt, welche sie in den Stand setzt, 
auch im Verhältnisse zu mächtigeren Staaten ihr Recht und ihre 
Unabhängigkeit zu wahren und die allgemeinen völkerrechtlichen 
Befugnisse in Anspruch zu nehmen. In solcher günstiger Stel- 
lung befinden sie sich denn auch in der Auslieferungsfrage; und 
bei den grossen deutschen Mächten bedarf es nicht einmal einer 
solchen weiteren Unterstützung ihres Rechtes. — Wenn also 
dennoch eine Auslieferung politisch Angeklagter an fremde Staaten 
stattfindet, sei es grundsätzlich, wie in Oesterreich, oder wenig- 
stens gerne veriragsmässig, wie in Preussen, so treten ohne 
Zweifel die gegen eine solche folgerichlige Anwendung des 
kosmopolitischen Systemes geltend zu machenden Gründe auch 
hier in Kraft. Es wäre also zwar eine Beeinträchtigung des 
logisch -richtigsten Gedankenganges, allein ein Vorschreiten zu 
einer praktisch richligern und mildern Auffassung der mensch- 
lichen Verhältnisse, wenn sich auch diese Staaten zur Anwendung 
des mittlern Systemes in diesem Punkte verständen. Was sie 
etwa in einzelnen Fällen an Sicherheit oder wenigstens an Be- 
quemheit der Zustände verlören, würden sie wohl reichlich in
	        
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