Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

in Brüssel. 679 
die Frage über die Methode offen gelassen; jedenfalls aber soll bei den, wo 
es auch sei, vorgenommenen Enqu&ten dieser Art die beobachtete Methode 
und die angewendete Controle bezeichnet werden. Um auch solche Unter- 
suchungen nutzbar machen zu können, welche in dem Lande, wo sie angestellt 
worden nicht publicirt würden, stellte überdiess die Centralcommission in 
Aussicht, dass sie, wenn man sie ihr einsenden wolle, dieselben bearbeiten 
und veröffentlichen werde. 
Bei der zweiten Frage, welche die dritte Section zu verbandeln hatte: 
der Zählung der Nothleidenden (indigens) und der Ermittelung 
des Standes der Noth, drehte sich die Discussion hauptsächlich um den Punkt, 
wie weit es möglich sei, eine nicht bloss genaue, sondern auch international 
vergleichbare Statistik der Nothleidenden, d. h. aller derjenigen zu erhalten, 
welche ohne fremde Beisteuer nicht leben können. Es gewann die Ansicht 
die Oberhand, welche nur diejenigen Nothleidenden als mit Sicherheit gleich- 
mässig von der Statistik erfassbar ansab, die von der öffentlichen Gewalt (dem 
Staat oder der Gemeinde) Beisteuern empfangen, jedoch zugab, dass es wün- 
schenswerth und vielfach thunlich sei, auch die von organisirten Privatwohl- 
thätigkeitsanstalten (geistlichen und weltlichen) Unterstützten zu kennen, 
während sie es für ein vollkommen vergebliches Unternehmen hielt, die Be- 
theiligung des freien Almosens bei der Linderung der Noth und die Zahl der 
nur an dieses gewiesenen Nothleidenden erfahren zu wollen. 
Das Capitel von der Statistik des Unterrichts und der Er- 
ziehung gab, abgesehen vom Detail, zu einer Meinungsverschiedenheit eben- 
falls nur in einem Hauptpunkte Anlass: der relativen Stellung der Erziehung 
und des Unterrichts. Während Graf Ciesskowsky den Unterricht nie von der 
Erziehung getrennt sehen und derselben nachgeordnet wissen wollte, womit 
die Section sich insoferne einverstanden erklärte, als sie an mehreren Stellen 
des Programms, welche nur den Unterricht erwähnten, die Erziehung mit 
und zwar vor demselben nannte — gab Ramon de la Sagra seine abwei- 
chende Ansicht, ohne gegen die Fassung der Section zu stimmen, in scharfer 
Weise zu Protokoll. „Die Erziehung“, sagte er, „ist die Regel des Betra-. 
gens, sie gehört der Moral, der Religion an. Der Unterricht gehört der 
Wissenschaft. Ich wünschte, dass das zusammen ginge. Unglücklicherweise 
muss aber entweder der Unterricht die Erziehung oder die Erziehung den 
Unterricht beherrschen. Beherrscht die Erziehung den Unterricht, so herrscht 
der Glaube, und die Wissenschaft unterliegt; beherrscht der Unterricht die 
Erziehung, so neigt der Glaube das Haupt. Es giebt kein Mittel, dem zu 
entrinnen.“ Er fügte bei, dass in einer Anzahl der im angenommenen Pro- 
gramme erwähnten Unterrichtsanstalten von Erziehung gar keine Rede sei. 
Praktisch ist zum Glück dieser Streit für die Statistik des Unterrichts und 
der Erziehung von keinem Belang. 
Was endlich noch die Criminalstatistik angeht, so war die Ver- 
handlung darüber in der dritten Section besonders inhaltreich. Auf Mitier- 
maiers Anregung, den namentlich die deutschen Mitglieder unterstützten, 
Zeitschr. für Staatsw. 1853. 4s Heft. 44
	        
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