Full text: Zeitschrift für die gesammte Staatswissenschaft. Neunter Band. Jahrgang 1853. (9)

über Armenpflege und Heimathsrecht, 69 
z. B. die Bestimmungen über die Höhe der zu fordernden Beiträge, 
der zu gewährenden Unterstützung und die Art, wie die Lohn- 
herren zu Zuschüssen heranzuziehen sind, sich vielfach abweichend 
gestalten müssen '), Daher ist die thälige und einsichtige 
Mitwirkung der. Gemeinden für die Organisation solcher An- 
stalten nicht zu entbehren. Um sich diese zu sichern, erscheint 
es eben so wenig zweckmässig, die ganze Angelegenheit lediglich 
ihrem freien Willen anheimzustellen, als einen directen Zwang 
zu üben. Der ebenste Weg dürfte der sein, dem Recht die 
enisprechende Pflicht gegenüberzustellen. 
Man mag zunächst dabei stehen bleiben, den Gemeinden 
das Recht zu ertheilen, Krankenkassen für Arbeiter (ohne 
Unterschied des Standes oder der Beschäfligung) zu errichten 
und die Arbeiter wie die Lohnherren zu Beiträgen an dieselben 
zu verpflichten. Diesem Recht steht die Pflicht der Ge- 
meinde gegenüber den im Gemeindebezirke sich aufhaltenden 
Arbeitern in Krankheitsfalle Unterstützung zu gewähren. 
Um die Gemeinde zu veranlassen, dieser Pflicht auf dem vor- 
geschlagenen und auf die Dauer allein wohlihätigen Wege der 
Einrichtung von Krankenkassen zu genügen, ohne gleichwohl 
1) Die Frage, in welcher Weise die Lohnherren zu Beiträgen für die 
Unterstützungskassen heranzuziehen sind, gehört ohne Zweifel zu den schwie- 
rigsten bei dieser Angelegenheit. Bei den geschlossenen Etablissements er- 
scheint es ebenso einfach als billig, dass die Fabrikherren für jeden von 
ihnen beschäftigten Arbeiter einen allgemein festgesetzten Beitrag zahlen. 
Bei der Hausindustrie ist dieser Maasstab nicht mehr anwendbar, weil die 
Zahl der beschäftigten Arbeiter nicht kontrolirt werden kann, und die Ver- 
hältnisse sich auch höchst mannigfach gestalten bis dahin, dass der einzelne 
Arbeiter auf eigene Rechnung arbeitet, und die sogenannten Fabrikanten 
nur Aufkäufer sind. Auch bei den Handwerkern erscheint es unbillig, jeden 
für eigene Rechnung arbeitenden Meister zu einer Unterstützung der Gesellen- 
kasse anzuhalten, da er in vielen Fällen nur für sich allein oder mit einem 
Lehrburschen arbeitet und oft mit mehr Sorgen zu kämpfen hat, als der 
ledige Geselle. 
Indess ist auch gewiss nicht nöthig, überall denselben Modus des Bei- 
trages zum Grunde zu legen. In vielen Fällen werden Zuschläge zur Gewerbe- 
steuer, oder vielleicht auch zur Einkommensteuer sich empfehlen. Endlich 
wird der Arbeiter um so mehr auf seine eigenen Kräfte allein anzuweisen 
sein, je lockerer seine Verbindung mit dem Lohnherren ist, und je selbst- 
ständiger seine Stellung hiernach sein sollte.
	        
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