— 810 —
Abg. Graf Westarp (kons.): Es liegen eine Reihe von Petitionen
vor, die sich mit den Maßnahmen zur Linderung der Kriegsnot befassen.
Darunter verdienen in erster Linie die besondere Berücksichtigung, die
darauf hinzielen, Hilfe für die elsaß-lothringischen und ostpreußischen
Flüchtlinge zu schaffen, damit sie möglichst bald ihre Heimat im alten
Glanze und neuer Blüte erstehen sehen. Ich beantrage, alle eingegangenen
Petitionen dem Herrn Reichskanzler zu übergeben.
Der Antrag Westarp wird ebenfalls einstimmig angenommen.
Präsident Dr. Kaempf: Wir sind am Ende unserer heutigen
Arbeit angelangt. Ich darf mit besonderer Genugtuung feststellen, daß
die Einmütigkeit des deutschen Volkes, die sich in der Annahme der
Kreditvorlage bekundet hat, durch nichts geschwächt worden ist und daß
das deutsche Volk dadurch zu erkennen gibt, daß es den Krieg, der uns
aufgezwungen worden ist, fortsetzen will bis zu dem Ende, das wir uns
gesetzt haben. Niemals in der Weltgeschichte ist dem deutschen Volke
eine Koalition gegenübergetreten wie jetzt. Es hat einer derartigen
Kraftanstrengung bedurft, wie sie das deutsche Volk hat in die Erscheinung
treten lassen, einig in allen Parteien, einig in allen Ständen, einig
unter der Führung des Heeres und der Marine unter der obersten
Heeresleitung Seiner Moajestät des Kaisers. Dies ist ein erhebendes
Moment. Ich freue mich, daß wir alle nach dem 4. August auch den
2. Dezember erlebten, der für uns das Gefühl der Größe des Deutschen
Volkes zum Ausdruck bringt wie nie zuvor. Den großen Anstrengungen,
die wir bisher gemacht haben, werden weitere folgen. Wir haben aus
der Rede des Herrn Reichskanzlers ersehen, daß auch er der Ansicht ist,
daß der Kampf weitergeführt werden muß, daß er noch nicht zu Ende
ist. Wir vertrauen darauf, daß die Kraft des Deutschen Volkes alles
besiegen und alle Hindernisse aus dem Wege räumen wird, um das Ziel
zu erreichen, das wir uns gesetzt haben, nämlich das Ziel, zu einem
Frieden zu gelangen, der uns die Möglichkeit gibt, für unsere Kinder
und Enkelkinder dafür zu sorgen, daß wir in Frieden und Ruhe unserer
Aufgabe in der Welt gerecht werden können und daß wir nicht gestört
werden durch den frevelhaften Uebermut irgend eines unserer Nachbarn.
(Beifall.) Den Dank, den wir alle schuldig sind denen, die an diesem
großen Werke mitgearbeitet haben, habe ich bereits in meiner ersten An-
sprache zum Ausdruck gebracht. Aber man kann ihn nicht oft genug
wiederholen. Den Dank für die Kraftanstrengungen unseres Heeres und
unserer Marine, für die Anstrengungen aller derjenigen, die mitgeholfen
haben. Diese Anstrengungen sind so grohartig, daß es nicht möglich ist,
mit Worten den Dank abzustatten, den wir alle ihnen schuldig find. (Leb-
hafte Zustimmung.) Ich glaube, es wird allen von Ihnen klar sein: Das
deutsche Volk kann nicht besiegt werden, solange es einig ist, und auf
diese Einigkeit bauen wir als auf dem sichersten Palladium unseres
Volkes. (Lebhafter Beifall.)
Reichskanzler Dr. v. Bethmann Hollweg:
Ich habe dem hohen Hause eine Allerhöchste Verordnung mitzu-
teilen. (Das Haus erhebt sich.) Sie lautet:
Wir Wilhelm von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser und König
von Preußen, verordnen auf Grund der Art. 12 und 26 der Verfassung
mit Zustimmung des Reichstags im Namen des Reichs, was folgt: