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klärung und eine Reichstagserklärung vor. sondern beide sind in
dem Reichsgesetz untergegangen. Da der Bundesrat sein Votum
immer zuletzt abgibt, so tritt diese Vereinigung immer sofort mit
dem letzten, dem Sanktions-Beschluß des Bundesrates ein, sodaß
dieser zu einem selbständigen rechtlichen Dasein gar nicht ge-
langt, wie es bei einem Reichstagsbeschluß der Fall ist. Wichtig
aber ist, daß das Zustandekommen eines Reichsgesetzes zwar
nicht zeitlich, wohl aber begrifflich vom Sanktionsbe-
schluß des Bundesrates verschieden ist.
Das Zustandekommen des Gesetzes ist aber nur die posi-
tive Seite am Gesetzgebungsvorgang. Denn der Bundesrat hat
nicht nur das Recht, den Gesetzesentwurf durch seine Entschließung
zum Gesetz zu erheben, sondern er hat auch das Recht, die Reichs-
tagsbeschlüsse abzulehnen. Dies ist die negative Seite. Macht
der Bundesrat von diesem Recht der Ablehnung Gebrauch, so
wird der abgelehnte Beschluß gleichfalls juristisch vernichtet.
Denn ein Beschluß des Reichstags ist zu dem Zweck gefaßt, zum
Gesetz erhoben zu werden; verweigert dies der Bundesrat, so hat
der Reichstagsbeschluß seine Bestimmung verfehlt und ist damit
hinfällig. In diesem Fall kommt kein Gesetz zustande; die ent-
gegengesetzten Willenserklärungen stoßen sich gleichsam ab und
vernichten sich dadurch in ihrer Individualexistenz.
Der Bundesrat kann daher einen Reichstags-
beschluß, den er abgelehnt hat, nicht nach-
räglich sanktionieren. Würde er dies tun, so käme
kein Gesetz zustande d. h. ein unter diesen Umständen erlassenes
Gesetz wäre unheilbar nichtig. Es ist dies die Kehrseite davon,
daß der Bundesrat den Beschluß, durch den ein Gesetz zustande
gekommen ist, nicht zurücknehmen darf. Dieses Ergebnis wird
durch die Praxis bestätigt. In manchen Staaten, z. B. in Bayern,
besteht die positive Vorschrift, daß der Monarch die erteilte Sank-
tion oder die Verweigerung derselben spätestens im Landtagsab-
schiede der Volksvertretung erklärt. Er kann indes diese Ab-