Full text: Archiv für öffentliches Recht.Zweiter Band. (2)

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bracht, wenn man sagt, er sei ein Willensakt, in welchem sich die Rechts- 
fähigkeit bethätigt? Es hat dies keine grössere Bedeutung als wenn man 
sagte, er sei eine Bethätigung des Selbstbewusstseins, der Verstandeskräfte 
u. dgl. Soll die Bezeichnung „Machtäusserung, Herrschaftsakt“ eine besondere 
juristische Qualifikation staatlicher Handlungen sein, so muss sie in einem 
engeren, prägnanten Sinne genommen werden. 
Staatliche Hoheit oder Herrschaft ist die Befugniss des Staates, freien 
Menschen mit zwingender Kraft zu befehlen, ihnen Handlungen, Lei- 
stungen, Unterlassungen ohne Rücksicht auf ihre Zustimmung in rechts- 
verbindlicher Weise aufzulegen, über ihre persönlichen Kräfte, ihr Vermögen, 
ihre Freiheit, ja selbst über ihr Leben zu verfügen. Diese Rechtsmacht ist 
das spezifische Vorrecht des Staates, welches er mit Niemandem theilt, 
welches für ihn charakteristisch ist. Wenn man sagt: „Der Staat herrscht“, 
so hat man diejenige Eigenschaft hervorgehoben, ohne welche man den 
Staat sich nicht vorstellen kann und welche andererseits ihn von allen andern 
Subjekten der gesammten Rechtsordnung unterscheidet. Aber daraus darf 
man nicht folgern, dass der Staat nichts Anderes thut als „herrschen“, dass 
alle seine Handlungen Herrschaftsakte seien. Der Staat verwendet im Gegen- 
theil seine Herrschaft nur so weit, als es für die Erfüllung seiner Aufgabe 
nothwendig oder nützlich ist; wo er ohne dieselbe seine Zwecke gar nicht 
oder nur unvollkommen oder nur mit übermässigen Opfern erreichen würde. 
Die einzelnen staatlichen Handlungen sind nur dann Aeusserungen der 
Macht, des imperium, wenn sie einen Befehl, einen Zwang enthalten; der 
!Staat kann sich aber auch anderer Formen bedienen. Wenn man behauptet, 
der Staat könne desshalb mit Privaten keine Verträge schliessen, weil er 
ihnen nicht gleich stehe, sondern über sie herrsche, so ist dieser Grund 
nicht stichhaltig. Gerade im Gegentheil! Weil der Staat Herrscher ist, kann 
er sich nach eigenem Belieben aller Rechtsformen bedienen, die ihm nütz- 
lich scheinen, und wenn er sich auf das Niveau des Privatrechts stellt und 
mit einem Einzelnen nach den Regeln desselben — wenngleich eines für 
gewisse Verwaltungszwecke modifizirten — Rechtsverhältnisse begründet, so 
ist dies eben eine Bethätigung seiner Freiheit, seiner „hoheitlichen Macht, * 
diejenige Rechtsform zu wählen, die ihm beliebt. Sowie der Einzelne, statt 
Gewalt zu gebrauchen, auch wo er es könnte, es häufig vorziehen wird, den 
Weg der Vereinbarung und gütlichen Verständigung zu beschreiten, so kann 
auch der Staat bei Begründung von Verhältnissen, welche er durch ein- 
seitigen Herrscherakt hervorzurufen im Stande wäre, es vorziehen, dem 
Einzelnen, der davon betroffen wird, einen Antheil, ein Mitwirkungsrecht 
einzuräumen, seine Zustimmung zu erkaufen. Wenn der Staat dabei besser 
fortkommt, warum soll er sich unnöthiger Weise als Herrscher aufspielen ? 
Desshalb sind die vom Verf. bereits in der Einleitung (S. 21 fg.) scharf be- 
tonten und in dem ganzen, hier in Rede stehenden Abschnitt durchgeführten 
Anschauungen, dass die gesammte staatliche Verwaltungsthätigkeit Aus- 
übung der hoheitlichen Macht über die Einzelnen sei, dass der letztere stets 
„der leidende Theil sei, dessen Verhältniss zum Staate von diesem einseitig 
bestimmt wird,“ — „dass der Einzelne dem verwaltenden Staate gegenüber 
von Haus aus keine Befugnisse habe“ und dass, „wenn man von Rechten 
der Einzelnen spricht, das blosse Widerspiele der verfassungsmässigen Ord- 
nung der Staatsthätigkeit oder der durch die staatliche Einwirkung be- 
gründeten Rechtsverhältnisse seien“ — einseitige und meines Erachtens 
unhaltbare. Sie verkümmern das Verwaltungsrecht und verkürzen den Reich- 
thum seiner juristischen Formen, sie pressen alles in die Schablone des
	        
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