Aus der Spruchpraxis des Bundesamts für das
Heimathswesen.
Mitgetheilt von dem Geheimen Regierungsrath
Dr. Krech,
Mitglied des Bundesamts für das Heimathwesen.
1. Zu S 11, Abs. 3: U.W.G.
Die Bestimmung in$11l, Abs. 3, findet nicht Anwendung
wenn es sich um eine in den Lauf der Erwerbsfrist fal-
lende zeitweilige Entfernung vom Aufenthaltsorte
handelt.
Der taubstumme Knecht St. wurde vom klagenden Armenverbande
Braunsberg in der Zeit vom 8. bis 22. Mai 1886 durch Kranken-
pflege unterstützt. Sein Aufenthalt im Bezirk des beklagten Orts-
armenverbandes Stangendorf hatte am 9. März 1884 begonnen. Am
11. November 1885 war sein Dienstverhältniss bei der Besitzerin K.
daselbst beendet. St. verliess Stangendorf und begab sich nach Brauns-
berg zu seiner dort lebenden Mutter. Am 17. November desselben
Jahres wurde er von dem Besitzer W. in Stangendorf als Knecht
gemiethet; am folgenden Tage kehrte er dorthin zurück und behielt
daselbst seinen gewöhnlichen Aufenthalt bis Ostern 1886.
Der erste Richter hat die Klage des Ortsarmenverbandes Brauns-
berg abgewiesen, weil nach Lage der Sache nicht anzunehmen sei,
dass St. bei seiner Entfernung von Stangendorf am 11. November 1885
die Absicht gehabt habe, seinen Aufenthalt daselbst beizubehalten.
Sein Dienstverbältniss bei der Wittwe K. sei beendet gewesen; da-
durch habe St. sein Unterkommen in Stangendorf verloren; es sei
ein zufälliger Umstand, dass es ihm gelungen sei, am 17. November
1885 daselbst von neuem einen Dienst zu finden. Dazu komme, dass