— 66. —
es ist, das Simultanrecht als ein ganz eigenartiges, aus dem
Privatrecht. losgelöstes Recht ‘zu betrachten. Ist es denn nicht
eine greifbare Ungerechtigkeit, derjenigen Kirchengemeinde oder
Stiftung, welche Eigenthümerin ıhrer Kirche ist, zu verwehren,
diese Kirche einer anderen Öonfession zum Gottesdienste zu über-
lassen, bloss aus dem Grunde, weil bereits eine andere Gemeinde
z. B. das „wirkliche“ Recht hat, an Sonntagen um 11 Uhr dort-
selbst einen Gottesdienst zu halten. Das widerstreitet doch allen
bekannten Grundsätzen des Rechts.
Man weist immer darauf hin, dass das Simultanrecht nur
historisch zu verstehen sei. Aber wie war der historische Her-
gang? Einer Gemeinde (fast stets einer evangelischen) stand das
Eigenthum unbestritten zu; jetzt wird einem anderen Rechtssubject
ein Benützungsrecht eingeräumt, d. h. also entweder Miteigenthum
oder ein dauerndes festes Recht auf Gebrauch einer fremden
Sache. Wie schon oben betont, hing diese Einräumung juristisch
keineswegs mit der Einführung des neuen Cultus zusammen,
denn die neue Gemeinde hätte sich ja ebensogut ein eigenes
Gotteshaus bauen können. Es ist daher historisch nur begründet
von freiem Eigenthum auszugehen, und dann kommt man natur-
gemäss zur Beschränkung des Eigenthums auf der anderen Seite.
Die Gegner thun aber in ihren Ausführungen so, als wenn über-
haupt ein Eigenthum an der Kirche gar nicht vorhanden wäre,
als wenn das einfach damals verschwunden wäre. Irgend Jemand
muss doch Eigenthum haben, und dieses letztere muss doch noch
irgend welche rechtliche Bedeutung aufweisen. Auf der Seite
des Subjectes, welches bei Einführung des Simultaneum unbe-
stritten Eigenthümerin war, ist das Gebrauchsrecht auch heute
noch Ausfluss seines Eigenthums, auf Seite des zum Simultan-
recht zugelassenen Subjectes ist es Ausfluss entweder des Mit-
eigenthums oder nur eines Rechtes an fremder Sache #7).
#7), Wann das eine oder das andere vorliegt, ist unten zu untersuchen.