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Eduard August Schröder, Das Recht der Wirthsohaft, kritisch,
systematisch und kodifizirt. Leipzig, Fleischer, 1896. XII u.
408 S. M. 12.—.
Die Absicht des Verf. ist, „der Gerechtigkeit in den Erscheinungen
genereller Art den Weg zur Verkörperung zu weisen“, und einen „Rechts-
sozialismus* zu begründen auf dem „ideellen Recht“. Das Buch zerfällt: in
eine Darstellung der Grundlagen des Wirthschaftslebens, das
nach der besonderen Terminologie des Verf. auf Unternehmen, Wirthsohaft,
Volkswirthschaft sich zurückführt; in eine Auseinandersetzung mit den
Systemen des Kommunismus, Anarchismus, Sozialismus in seinen verschie-
denen Erscheinungsformen; in eine ausführliche Kritik des wirthschaft-
lichen Rechtszustandes der Gegenwart, mit eklektisch-kritischem Ueberblick
über das Privat- und das einschlägige Öffentliche Recht der meisten Kultur-
völker; endlich in einen Versuch des Aufbaus und der Begründung eines
eigenen Systems, das das organisch Gewordene und den wirthschaftlichen
-„Naturgesetzen“ Konforme erhalten, das mechanisch Künstliche soweit noth-
wendig dem „ideellen Rechte“ entsprechend abändern will. Es mündet aus
in einen Gesetzentwurf, der diese „Urerfordernisse des echten Rechts“ als
suprema lex an die erste Stelle im Staats- und Wirthschaftsleben setzen soll.
In 161 Paragraphen finden wir das Recht der wirthschaftlichen Freiheit, der
Vermehrung der besitzenden Volksklassen (Vertheilung der Bevölkerung, Erb-
recht, Existenz-Minimum und -Maximum), das Recht der Staatseinnahmen etc.
einer Neuordnung unterzogen.
Es ist hier wohl nicht der Ort, die wirthschaftlichen Anschauungen des
Verf. zu diskutiren, ebensowenig als eine eingehende Untersuchung möglich
ist, inwieweit die Kritik, die das Bestehende von dem Verf. erfährt, zutref-
fend ist, und die praktischen Vorschläge, die er macht, berechtigt und durch-
führbar sind. Gerechte Zweifel möchten freilich in dieser Beziehung gewisse
kategorische Forderungen des „ideellen Rechts“ wachrufen, wie z. B. die all-
mähliche Beseitigung der Städte durch völlige Unterbindung des Zuflusses
von ausserhalb in „übervölkerte“ Gegenden, d. h. solche, wo mehr als 100
Seelen auf den Quadratkilometer kommen, durch Bauvorschriften etc., wenn
auch zugegeben werden mag, dass hier manche Reformen geboten scheinen.
Es wäre leicht, aus der Fülle der Vorschläge eine ganze Anzahl heraus-
zugreifen und sie als utopisch dem Spotte preiszugeben. Doch dies wäre un-
gerecht. Der Verf. ist mehr mit warmem Herzen als mit skeptischem Ver-
stande an die Probleme der Sozialreform herangetreten, hat aber dennoch
eine Fülle von Interessantem sowohl in der Kritik des Bestehenden, wie in
seinen positiven Vorschlägen uns gegeben.
Wohl aber scheint ein Wort über die Grundlage. des Ganzen gesagt
werden zu müssen. Was ist denn dieses ideelle Recht? „Das Wesen des
echten Rechtes ist, nach dem Verf. (S. 5), das in der ideellen Wahrheit
aller menschlichen Lebensverhältnisse begründete, höchste Glückseligkeits-