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völkerrechtlichen Verbotes — das wäre nur denkbar, wenn völ-
kerrechtlich in gleicher Weise umfassend anerkannt wäre, was
verboten sein soll —, sondern infolge des allgemein anerkannten
völkerrechtlichen Grundsatzes, dass kein Staat einen andern oder
dessen Angehörige durch einen unbegründeten Angriff verletzen
darf, und dass er ebenso dafür zu sorgen hat, dass dies von
seinen eigenen Staatsangehörigen nicht geschieht. Dieser Ver-
pflichtung hat z. B. das Deutsche Reich durch die Vorschrift in
S 250 Ziff. 3 des Strafgesetzbuches Rechnung getragen ®°.
Die Frage nach der völkerrechtlichen Bedeutung der Piraterie
kann nach den vorstehenden Ausführungen nicht dahin gestellt wer-
den, ob es neben den landesrechtlichen Tatbeständen der Piraterie
einen besonderen, durch Gewohnheitsrecht festgestellten völkerrecht-
lichen Tatbestand der Piraterie gibt, dem ein besonderes völkerrecht-
liches Verbot entspräche °®, sondern lediglich dahin, ob sich für die
Behandlung der des Seeraubes verdächtigen oder dessen
überführten Schiffe und Personen, wie dieser Begriff
durch das Landesrecht der einzelnen Staaten festge-
stellt ist, unter den sämtlichen Staaten bestimmte
Grundsätze gewohnheitsrechtlich herausgebildet
haben, die als Bestandteile des geltenden Völkerrechtes
und der völkerrechtlichen Lehre vom Seeraube all-
gemein zu beachten sind?”
Für die Frage des Tatbestandes der Piraterie sei de lege
95 Die Definition des Begriffes Seeraub in $ 23 Ziff. 21 der Bestimmungen
für den Dienst an Bord vom 21. Nov. 1903 Teil I, deckt sich inhaltlich mit
der des Strafgesetzbuches.
3 Unverständlich sind mir folgende Sätze SrIELs über das Verhältnis
des Völkerrechts zum Landesrecht: „Der völkerrechtliche Tatbestand und
die landesrechtlichen Tatbestände verhalten sich zu einander wie Mittel und
Zweck. Das psychische Element der Piraterie, die Absicht der Begehung
von Gewalttaten verwirklicht (?) sich durch Setzung der landesstrafrecht-
lichen Tatbestände* (a.a.O. 31).
9” Siehe hierüber unten bei der Besprechung der Festnabmebefugnis der
Kriegsschiffe.