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vorschriften über die Staatsangehörigkeit wider-
sprichtundschondarum völkerrechtlich unmög-
lich ist. Die Frage, auf welche Weise und aus welchen Gründen
die Staatsangehörigkeit verloren gehen kann, beantwortet nicht
das Völkerrecht, sondern ausschliesslich das Staatsrecht.
Die juristische Konstruktion, die den Seeräuber als rechtlos er-
klärt, ist lediglich geschaffen, um den Satz zu begründen,
dass jeder Staat das Recht habe, gegen den Seeräuber vorzu-
gehen. Die Rechtlosigkeit des Seeräubers und die Verfolgung
durch jeden beliebigen Staat sollen sich zu einander verhalten,
wie Ursache und Wirkung; tatsächlich aber ist, wie immer, auch
hier in der geschichtlichen Entwickelung das erste die Lösung
der praktischen Seite der Frage gewesen: jeder fasste den See-
räuber, wo er ihn bekam; erst später kommt dann der Versuch
hinterher, dieser Massregel eine juristische Grundlage zu geben.
ULLMANN *! und GAREIS *? weisen schon auf die bedenklichen
Folgen der angeblichen Rechtlosigkeit des Seeräubers hin, die
früher zeitweise dazu geführt hatte, auch Privat- und Handels-
schiffen in weitestem Umfange das gleiche Recht einzuräumen,
das heutzutage allgemein nur den Kriegsschiffen zugestanden
wird. Nach dieser Richtung hin hat also der Begriff der allge-
meinen Rechtlosigkeit des Seeräubers bereits eingeschränkt werden
müssen; folgerichtig wäre es dann gewesen, ihn, wenn er sich
als unbrauchbar erwies, aus der Konstruktion überhaupt zu be-
seitigen. Denn entweder ist jemand rechtlos, dann ist er es für
jedermann *, oder er ist es nicht, dann ist er es weder für einen
Privatmann, noch einem Staate gegenüber, dessen Staatsangehö-
rigkeit er nicht besitzt“. Der Begriff der „völkerrechtli-
“2.0.0. 2145.
#2 Bei v. HOLTZENDORFF II, 575.
#8 Abgesehen schon davon, dass dieser Begriff in den Gedanken des
modernen Rechtsstaates überhaupt nicht mehr hineinpasst; s. auch GAREIS
bei v. HOLTZENDORFF II, 575.
* Mit dem Wegfall des Begriffes der Rechtlosigkeit erledigen sich auch