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eine sofortige Zerstörung des Siels verhindern, aber nimmermehr
dem Hauseigentümer auf die Dauer sein Recht vorenthalten
können. Grundbuchrecht, Nachbarrecht, Ersitzung könnten alle
Tage ähnliche Zwangslagen herbeiführen ; man sage auch nicht,
dass formgültige Veräusserungsverträge nicht vorkämen. Aber
gerade den einzig wirksamen materiellrechtlichen Schutz,
wie das Reichsgericht ihn damals gewährte, macht eben das BGB.
jetzt unmöglich dann, wenn man das der Verwaltung an der
Sache zustehende Recht selbst auf das Zivilrecht gründet. —
Die Ueberzeugung von der Notwendigkeit, die öffentlichen
Sachen so zu schützen, wird nicht bloss bekundet durch theo-
retische Bestrebungen. Auch der Gesetzgeber hat es mehrfach,
gerade aus Anlass des BGB., für angezeigt gehalten, ausdrück-
liche Fürsorge zu treffen. In Baden, Hessen und Elsass-Loth-
ringen bestimmen die Ausführungsgesetze zum BGB.?°, dass
öffentliche Sachen, Wege, Flüsse, Festungswerke, der Anwend-
barkeit des Privatrechtes und des privatrechtlichen Rechtserwerbes,
ganz oder in gewissem Masse, entzogen sein sollen. Damit wäre
ja alles glatt. Aber das Schlimme ist: das Reichsrecht hat nur
für das Wasserrecht freien Spielraum gelassen?” ; sonst für öffent-
liche Sachen nicht. Stehen diese in privatrechtlichem Eigentum,
so können die reichsgesetzlichen Rechtsinstitute des BGB. durch
Landesgesetz nicht gehindert werden, darauf zu wirken.
Dadurch erwächst der Lehre von dem privatrechtlichen
Eigentum an den öffentlichen Sachen zu ihrer Unfähigkeit, das
unverkennbare praktische Bedürfnis der Rechtsordnung zu be-
friedigen, auch noch die immerhin peinliche Aufgabe, eine An-
zahl bedeutender Liandesgesetze einfach für nichtig zu erklären.
Das ist die eine Seite der Sache. Man kann sie auch vom
entgegengesetzten Standpunkte aus betrachten,
auf den uns GIERKEs Auffassung hinüberleitet. Statt auszugehen
26 Bad. A.G. Art. 12; Hess. A.G. Art. 17; Els.Lothr, A.G. 8 44.
7 3,6, z. BGB. Art. 65.