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der Ortsstrassen obliege. Dieser Sorge, meint man, könne sich
die Gemeinde durch ortspolizeiliche Vorschrift einfach entledigen.
So die ständige Praxis des Oberlandesgericht München 1%,
Auch eine Entscheidung der Kreisregierung, k. d. I. von
Oberbayern '*? äussert sich in diesem Sinne !°°,
Nun kann es keinem Zweifel unterliegen, dass eine logische
Interpretation des Art. 29 (bezw. 38) niemals zu dem Resultat
gelangen kann, dass der Gesetzgeber mit dem Ausdruck „Sorge“
eine bestimmte legislatorische Absicht verknüpft habe. Für eine
solche Vermutung ist auch in den Verhandlungen nirgends ein
Anhaltspunkt gegeben. Allerdings ist ja der Ausdruck „Sorge“
hier nicht glücklich gewählt, allein man muss sich gegenwärtig
halten, dass derselbe in ähnlichem Zusammenhang in der Gesetz-
gebung häufig Anwendung findet.
Die in den zitierten Urteilen versuchte Art der Beweis-
führung hat nun SEYDEL!°! mit Recht als geradezu erstaunlich
bezeichnet. „Man sucht“ — so sagt SEYDEL !®? — „gegen Sinn
und Zusammenhang aus einem einzigen Wort Gründe herauszu-
pressen, die für keinen Unbefangenen darin liegen.“ „Die immer
auftretende Bezugnahme darauf, dass es in Art. 38 heisse, die
Sorge.....etc. macht einen geradewegs peinlichen Eindruck“.
Trotz alledem wird noch in einem neueren Urteil des Obersten
Landesgerichts 15? diese Meinung festgehalten.
148 S, Eintsch. v. 18. Mai 1888, Minist. Amtsblatt 1888 S. 241, vergl.
hierzu Hauck, Bayr. Gemeindezeitung v. 1896 S. 454, ferner Entsch. v. 18. Mai
1895, Minist. Amtsblatt 1895 S. 331, Entsch. v. 17. März 1896 Minist.Amts-
blatt 1896 S. 107.
149 Eintsch. v. 14. April 1898, publiziert in Blätter f. adm, Praxis Bd. 48
S. 190
150 Vergl. auch hier die Ausführungen des Oberstaatsanwalts, in Entsch.
des bayr. Verwalt.Ger.Hof Bd. 21 8. 5 ff.
151 SEYDEL, Bayr, Staatsrecht, 2. Aufl. Bd. III S. 307 Note %.
152 SgYDEL, Blätter f, adm. Praxis Bd. 48 S. 196.
153 Eintsch. 28. Dez. 1908, bei REGER, Entscheid, der Gerichte und
Verw.Behörden, 8. Ergänz.Bd. 1905 S. 159.