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Daraus ist in jenem Beschlusse gefolgert, dass, wenn bei Eintra-
gungen in die öffentlichen Bücher (Standesregister, Handelsregister,
Grundbuch) Zweifel darüber entstehen, ob eine Person zur Füh-
rung des Adelstitels befugt ist, der Richter selbständig hierüber
zu befinden habe, ohne dass die Ansicht des Heroldsamts eine
mehr als gutachtliche Bedeutung beanspruchen könne.
Diese Anschauung hat in der Praxis zu grossen Uebelstän-
den geführt. Dass Personen, die in einer Strafsache wegen un-
befugter Annahme eines Adelsprädikats unter der irrtümlichen
Begründung freigesprochen waren, dass ihnen der Adel oder die
von ihnen in Anspruch genommene Adelsstufe zukomme, das frei-
sprechende Urteil trotz seiner auf dieFreisprechung von
Strafe beschränkten Wirkung mit Erfolg benutzt
haben, um sich bei Behörden und Privatpersonen — selbst ent-
gegen königlichen Kundgebungen über den Mangel ihres Adels
— als adlig auszugeben und sogar Beschlüsse von (zerichten
ohne weiteres lediglich auf Grund eines solchen Urteils erwirken
konnten, die eine „Berichtigung“ der Personenstandsregister auf
ihre angeblich adligen Namen bezw. Adelstitel anordneten, soll
nur nebenher bemerkt werden. Ein schwererer Uebelstand ist
dadurch eingetreten, dass von der in dem erwähnten Beschlusse
vertretenen Rechtsauffassung aus jedes Amtsgericht bezw. Land-
gericht sich für berechtigt halten durfte, bei Anträgen auf Be-
richtigung der Personenstandsregister seine eigene Meinung über
die Frage der Adelsberechtigung des Eingetragenen zur Geltung
zu bringen, so dass durch verschiedene rechtsgültige Beschlüsse
verschiedener Gerichte auf Grund ebenderselben Tatsachen Mit-
glieder derselben Familie zum Teil für adlıg, zum Teil für nicht-
adlig, bzw. zum Teil in einer niederen, zum Teil in einer höheren
Adelsstufe befindlich und sogar ebendieselben Personen bald für
adlig, bald für nichtadlig erklärt werden konnten.
Wenn z. B. die Geburt einer Person bei dem Standesamt
X in Westpreussen, ihre Heirat bei dem Standesamt Y in Schle-