Ausweisungs- oder Abweisungspflicht. Der entgegengesetzte
Standpunkt, den die deutsche Regierung im Jahre 1889 anlässlich
des Falles Wohgemuth der Schweiz gegenüber vertrat, führte
damals zur Kündigung des Niederlassungsvertrages von 1876;
im neuen, jetzt geltenden Vertrage kommt die richtige Anschauung
zweifelsfrei zum Ausdruck ® in einer Fassung, der sich der deutsch-
niederländische Vertrag angeschlossen hat.
Art. 2 und 3 zählen sodann die einzelnen Gründe auf,
die jeden vertragschliessenden Teil zur Ausweisung (oder Ab-
weisung) der Angehörigen des andern (als „Untersagung der
Niederlassung oder des Aufenthalts* umschrieben) positiv be-
rechtigen. (Negative Bedingungen der KNiederlassungsfreiheit.)
Inhaltlich stimmen diese Artikel im grossen und ganzen mit den
bisher üblichen Ausweisungsklauseln überein. Bezüglich der
beiden ersten Fälle: gerichtliches Urteil und Gründe der inneren
oder äusseren Sicherheit des Staates ist diese Uebereinstimmung
eine restlose; dagegen werden die übrigen Fälle etwas weitläufiger
behandelt als bisher. Während nämlich der deutsch-schweize-
rische Vertrag einfach von Gründen der Armen- und Sittenpolizei
spricht, werden an der analogen Stelle des deutsch-niederländi-
schen folgende Gründe aufgeführt: „weil die Interessen der öffent-
lichen Gesundheit oder Sittlichkeit es erfordern, oder weil die
Personen weder genügende Unterhaltsmittel besitzen noch durch
ihre Arbeitskraft erwerben können.“ Eine sachliche Neuerung
bedeutet hierbei die Hervorhebung der öffentlichen Gesundheit.
Nach Art. 3 dürfen ferner von jedem Kontrahenten ausgewiesen
werden die „Angehörigen des anderen Teiles, die ihm früher an-
gehört und die Staatsangehörigkeit vor Erfüllung ihrer militäri-
schen Pflichten verloren haben“, Ergibt sich aber bei der Prü-
fung der Verhältnisse, „dass der Wechsel der Staatsangehörigkeit
in gutem Glauben und nicht zur Umgehung der militärischen
Pflichten herbeigeführt ist“, so soll von der Ausweisung abgesehen
8 Vgl. v. OVERBECK a. a. O., S. 51 ff., Note 139 f. und die dort Zitierten.