Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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Möglichkeit gegeben, dass die immer inhaltsgleiche 
Adelsfrage von diesen verschiedenen Stellen verschieden 
beantwortet würde. Würde diesen verschiedenen Entscheidungen 
aber gleiche Autorität beiwohnen, so würde die Entscheidung 
keiner dieser Stellen allgemein gültig sein, da die Ent- 
scheidung der einen Stelle vielmehr die Geltung der Entschei- 
dung der anderen Stelle durchbrechen würde. 
Dass nun in Preussen eine allgemein gültige Zuerkennung 
adelsrechtlicher Befugnisse stattfindet, ist zweifellos und bisher 
auch von den Gerichten nicht bestritten. Die für diese allge- 
mein gültige Zuerkennung adelsrechtlicher Befugnisse zuständige 
Zentralstelle kann nur der König sein (vgl. Art. 50 der Preus- 
sischen Verfassungsurkunde vom 31. Januar 1850). Auch dies 
ist wohl nicht zu bestreiten und wird von den höchsten Gerichten 
dadurch anerkannt, dass die Zulässigkeit des Rechtswegs für 
den Anspruch eines Adelsprätendenten auf Anerkennung seiner 
Adelszugehörigkeit, der sich gegen das Staatsoberhaupt richtet, 
verneint wird. Somit folgt, dass die Entscheidung des Königs 
oder des von ihm verordneten Delegaten als Entscheidung 
dieser Zentralstelle für alle Behörden, also auch die 
Gerichte, und den Adelsprätendenten bindend sein muss. 
Nähme man an, dass es in Preussen keine Zentralstelle 
für die Entscheidung der Adelsfrage gebe, so wäre es in Preussen 
möglich, dass die nach den Ausführungen des Reichsgerichts immer 
inhaltsgleiche Adelsfrage von den Gerichten, von den 
Regierungen, von den Kirchen-, Militär- und Polizeibehörden 
rechtsgültig in ganz verschiedener Weise beantwortet 
würde. Dass dies nicht der Fall sein kann, bedarf keiner wei- 
teren Ausführung (vgl. Archiv für öffentl. Recht a. a. O. 8. 2 
bis 7, und auch oben $. 28). Die gegenteilige Annahme würde 
mit dem öffentlichen Charakter des Adelsrechts ebenso wie mit 
der rechtsgeschichtlichen und verfassungsmässigen Entwickelung 
Preussens in Widerspruch stehen.
	        
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