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wo dasselbe besteht, auf sie erstreckt und dass die von der Telegraphie
geltenden Rechtsregeln auch auf die Radiotelegraphie Anwendung finden,
soweit der besondere technische Betrieb es gestattet. Daran schliesst sich
eine Uebersicht der Spezialvorschriften, welche in vielen Staaten bereits er-
gangen sind. Hinsichtlich der internationalen Verhältnisse unterscheidet
der Verf. zwischen den im Frieden und den im Kriege geltenden Regeln:
besonders wichtig und interessant sind die Erörterungen über die Konse-
quenzen, welche sich daraus ergeben, dass das Meer von jeder Herrschaft
eines einzelnen Staates frei ist, ferner über die Rechte und Pflichten der
Neutralen und über die Befugnisse einer kriegführenden Macht zur Abwen-
dung der aus der drahtlosen Telegraphie erwachsenden Schädigungen. Frei-
lich muss der Verf. selbst konstatieren, dass die von ihm entwickelten Sätze
zur Zeit noch grossenteils „in der Luft“ hängen. Auf festerem Boden be-
findet er sich hinsichtlich der internationalen Konvention über die Radio-
telegraphie von 1906, deren Bestimmungen er S. 66 ff. eingehend erläuterf
und deren Wortlaut nebst dem zugehörigen Reglement er als Anhang mit-
teilt. Laband.
Dr. Gustav Aubin, Die Entwicklung der richterlichen Unabhängigkeit im
neuesten deutschen und österreichischen Rechte. Heft VI der Freiburger
Abhandlungen aus dem Gebiete des öffentlichen Rechts, 1906, 104 S.
Das Recht des modernen Verfassungsstaats erblickt die Garantien einer
unparteiischen Rechtsprechung in der Trennung der Justiz von der Ver-
waltung und in der Unabsetzbarkeit und Unversetzbarkeit, allgemeiner: in
der Unabhängigkeit der Richter. Aber das Recht hat die äussersten Fol-
gerungen aus dem Prinzip der Unabhängigkeit der Richter nicht ziehen
können. Es geht nicht wohl an, dass, wenn etwa durch eine 'starke Er-
höhung der Zuständigkeit der Amtsgerichte !/s der Richter bei den Land-
gerichten beschäftigungslos wird, diese überflüssig gewordenen Landrichter
es einfach ablehnen könnten auf einen andern Richterposten versetzt zu
werden. Erst recht geht es nicht an, dass es der Zentralverwaltung schlecht-
hin benommen wäre, einen untauglich gewordenen oder seines Amtes un-
würdigen Richter aus seiner Stellung zu beseitigen. Nach einem geschicht-
lichen Abschnitt, in dem dargestellt wird, wie aus bescheidenen, im eng-
lischen Parlamentarismus und in der straffen Justizorganisation des Preus-
sischen Staates des achtzehnten Jahrhunderts wurzelnden Anfängen sich im
deutschen Staatsrecht der Gedanke der richterlichen Unabhängigkeit mehr
und mehr durchgerungen hat, untersucht A., wie das moderne deutsche Ge-
richtsverfassungsrecht vermittelt zwischen diesen beiden widerstreitenden
Interessen der richterlichen Unabhängigkeit und der „Zentralisierung der
Gerichtsverfassung“. Verf. prüft zunächst die Unabsetzbarkeit und Unver-
setzbarkeit des Richters und ihre Grenzen, wobei er auch das partikulare