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Der Kern des von FOERSTER angefassten Problems liegt in der schwie-
rigen Frage, inwieweit überhaupt rechtliche Normierung und in Konsequenz
davon Aufsicht über die Innehaltung der Rechtsordnung in kirchlichen
Angelegenheiten zulässig und zweckmässig ist. Es handelt sich dabei nicht
um die Unterscheidung der sog. inneren und äusseren kirchlichen Ange-
legenheiten im Sinne der neueren Ressortvorschriften; denn auch bei den
sog. inneren Angelegenheiten (Aufsicht über Lehre und Gottesdienstordnung,
Prüfungswesen, Kirchenzucht, Dispense u. s. w.) können rechtliche Nor-
mierungen in Frage kommen und sind in gewissem Umfange in der Praxis
immer wieder geboten erschienen. Eine nähere Prüfung, ob man die kirch-
lichen Angelegenheiten unter obigem Gesichtspunkt teilen kann, wird dann
erst ein Urteil darüber ermöglichen, ob es zweckmässig ist, die rein geist-
liche Leitung (das geistliche Regiment im Sinne der reformatorischen Be-
kenntnisschriften) einerseits und die Ordnung der Rechtsbeziehungen ander-
seits bis in die oberste Instanz in verschiedene Hand zu legen, und ob es dann
weiter zweckmässig ist, alle leitende Tätigkeit in letzterer Beziehung dem
Staat bezw. einer Person zu übertragen, die Inhaber der Staatsgewalt ist.
Grade der Verlauf des Agendestreits zeigt das Problem in seiner ganzen
Schwierigkeit und es ist charakteristisch, dass FOERSTER hier grade zu-
geben muss, dass die Reformatoren mehr geneigt gewesen sind, die litur-
gische Ordnung als eine weltliche Angelegenheit zu behandeln.
Jedenfalls wird in der vorstehend angedeuteten Richtung noch weiter
„u arbeiten sein, ehe die Akten über die Frage der historischen Begrün-
befindlichen Materialien) zu diesen $$ folgende Bemerkungen, die zugleich
ein interessantes Schlaglicht auf die damalige kirchenpolitische Situation
werfen.
„Gegen diese beiden wichtigen 8$ hat Niemand etwas moniert als
die Bresl. u. Glog. OA.-Regierung, welche darauf antragen, dass hier der
symbolischen Bücher, und der Verpflichtung der Geistlichen, derselben
gemäss zu lehren, gedacht werden soll. Ich würde aber schlechterdings
bei der Fassung des Texts stehen bleiben, welche so vorsichtig und sorg-
fältig gewählt ist, dass keine von den beiden jetzt bekanntermassen
streitigen Parteien, wenn sie sich nicht selbst lächerlich machen wollen,
etwas dagegen sagen können. Was die Grundbegriffe der Religionspartei
betrifft, zu der ein Geistlicher gehört, so ist eseine sonatürliche
Sache, dassein Religionslehrer dieser Partei densel-
ben nichtwidersprechen muss, dass die Heterodoxen
diesenSatzniewerdenumstossenkönnen. Dagegen stehen
in den symbolischen Büchern viele Dinge, die offenbar nicht ad Essentialia
dieses oder jenes Religionsbegriffs gehören. In einem Gesetzbuch, welches
nicht bloss für eine einzige Generation bestimmt ist, muss man, in sol-
chen wichtigen Dingen, blosse Zeitgesetze nicht aufnehmen; und dies