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leren und grösseren Städte wird erstrecken müssen.
Im Gegensatze zu dem auf „Arbeiterwohnungen“ beschränk-
ten österreichischen Gesetze bezweckt das am 31./5. 1903 erlassene
„Volkswohnungsgesetz“ Italiens?°! (Legge sulle case popolari)
die Schaffung und genügende Vermehrung billiger Volkswoh-
nungen ohne Einschränkung des Mieterkreises nach der Berufs-
stellung. Da zur Durchführung seiner Absicht in erster Linie
die gemeinnützige Bautätigkeit berufen wird, sucht
es vor allem die gesetzliche Grundlage für die Gewährung ge-
nügenden Baukredites zu schaffen. An der Spitze des Gesetzes
steht daher de Darlehensgewährung für gemeinnützige
Baugenossenschaften.
Die Sparkassen werden ermächtigt, für die Errichtung oder
den Kauf von Wohnhäusern für Minderbemittelte über die hin-
sichtlich Hypothekardarlehen sonst gesetzlich festgesetzten Gren-
zen hinaus Darlehen gegen erste Hypothek zu gewähren, deren
Zinsfuss einerseits bis um 1!/,% den Einlagenzinsfuss übersteigen,
andererseits höchstens um !/,% über den durchschnittlichen wirk-
lichen Ertrag der 5% italienischen Konsols während des Vor-
jahres hinausgehen darf. Auch Stiftungen können unter Zustim-
mung der Aufsichtsbehörde das jährlich zur Anlage freie Kapi-
tal bis zu ?/, auf derartige Darlehen verwenden. Von besonderem
Interesse ist, dass ähnlich wie durch das deutsche Invalidenver-
sicherungsgesetz auch in Italien der mit Gesetz vom 17./7. 1898
errichteten staatlichen Invaliditäts- und Alters-
versicherungskasse für Arbeiter die Befugnis zur
Darlehensgewährung für gemeinnützige Wohn-
zwecke durch den Landwirtschaftsminister erteilt werden kann.
Des weiteren erstrecken sich die Begünstigungen dieses Gesetzes
unter den gleichen Bedingungen auch auf die übrigen Versiche-
3 Siehe die wörtliche Wiedergabe des Gesetzes in der „Zeitschrift f.
Wohnungswesen“ II. H. 18. 12—15; ferner auch „Soziale Rundschau“ Wien
1903 II. S. 551—563.