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Seydel — Annalen — a. a.0.; Grassmanna. 2.0.) Die
Militärgerichtsbarkeit sei Zubehör der militärischen Kommando-
gewalt; diese habe im Frieden über die bayerischen Armeean-
gehörigen ausschliesslich der König von Bayern und im Kriege
sei das Reichsmilitärgericht als Revisionsinstanz nicht tätig
(arassmann, Rehma.a. O.). Das Reich sei nicht gehindert,
die Verfassung und das Verfahren der Militärgerichte zu ordnen;
es könne die Rechtsnorm für die militärische Strafrechtsptlege
aufstellen, auch bestimmen, wie ein oberstes bayerisches Militär-
gericht gebildet werden soll, es könne sich aber nicht die baye-
rische Militärgerichtsbarkeit aneignen und die Rechtspflege über
bayerische Armeeangehörige selbst durch ein Gericht ausüben
(Seydel, Komm. z. R-Verf. S, 297 und in den Annalen
a. 2.0.; Grassmann a. a. O.). Nach dem Bündnisvertrage
könne es daher für Bayern nur Militärgerichte geben, die im
Namen des Königs von Bayern als des alleinigen und ausschliess-
lichen Inhabers der Militärhoheit Recht sprechen (Seydelin
den Annalen a. a. O... Stenglein hebt hervor, dass die Ab-
gabe der obersten Instanz an ein Reichsgericht die Geschlossen-
heit des bayerischen Kontingents aufheben würde und Grass-
mann bezeichnet die Uebertragung der Militärgerichtsbarkeit an
das Reich nur im Wege einer Verfassungsänderung als möglich,
da der Grundsatz des Artikel 4 der Reichsverfassung über die
Unzuständigkeit des Reichs zur Ausübung der Gerichtsgewalt
gegenüber den Angehörigen der einzelnen Kontingente durch
Abschnitt XI der Reichsverfassung nicht modifiziert wird.
In den Kommissionsberatungen über den Entwurf einer
Militärstrafgerichtsordnung wurde, wie der Reichstagsabgeordnete
Dr. Freiherr von Hertling gelegentlich der Beratung des Ent-
wurfs des Gesetzes vom 9. III. 1899 betr. die Einrichtung eines
besonderen Senats etc. bekundete?, bayerischerseits der Antrag
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° Stenogr. Berichte über die Verhandlungen des Reichstags, 10. Legis-
laturperiode, I. Session 1899, Bd. II, S. 1317 ff., 49. Sitzung.