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Francke!!Y nimmt zwar eine aus dem Rechte der Gerichts-
organisation entspringende Berechtigung des Reichs zur Errich-
tung eines auch für Bayern gültigen Höchstgerichts an, räumt
aber die Notwendigkeit des Einverständnisses Bayerns mit einer
solchen Errichtung ein für den Fall, dass Bayern dem Reiche
gegenüber die Befugnis zustand, das Höchstgericht für sein Heer
zu besetzen. Ein besonderer Senat eines gemeinsamen Höchst-
gerichts sei zwar schon wegen der gemeinsamen Verwaltung und
Aufsicht keineswegs dasselbe, wie ein besonderes eigenes Höchst-
gericht, aber immerhin das Beste für den sonderberechtigten
Staat und die übrigen Staaten.
Die Zusammenfassung obiger Ausführungen ergibt folgen-
des Resultat:
1) Das auf der Reichsverfassung mit dem Bündnisvertrage
beruhende Reservatrecht Bayerns auf einen eigenen obersten
Militärgerichtshof wurde anerkannt. Dieses Reservatrecht ergibt
sich aus der durch den Bündnisvertrag unbeschränkt gebliebenen
Militärhoheit des Königs von Bayern, deren Teil die Militär-
Justizhoheit ist. Die Militärjustizhoheit aber ist das Recht der
Ausübung der Gerichtsbarkeit über die Angehörigen des baye-
rischen Heeres durch bayerische Gerichte;
2) diese Gerichtsbarkeit wird auf Grund des Reservatrechts
und des infolge besonderer Vereinbarung zwischen dem Bundes-
präsidium und dem Inhaber der bayerischen Militärhoheit zu
stande gekommenen Reichsgesetzes vom 9. März 1899 von einem
besonderen Bayerischen Senate beim Reichsmilitärgericht durch
bayerische Richter ausgeübt;
3) diese bayerischen Richter werden, wie auch der Militär-
anwalt des Bayerischen Senats, vom König von Bayern ernannt;
4) die Vorschriften der Militärstrafgerichtsordnung gelten
gemäss & 4 des Gesetzes vom 9. III. 1899 auch für den baye-
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"Francke im „Archiv f. öffentliches Recht“ 1902, Bd. 17, 8. 229.