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seiner Gewalt und Sorge, dem er ihre Ausübung zu dessen Bestem
nicht trotz seiner Gewalt, sondern kraft seiner Gewalt schuldet,
wie auch nach $ 1627 BGB. der Vater die Pflicht, für die Person
und das Vermögen des Kindes zu sorgen“ hat „kraft der elterlichen
Gewalt“. Gleich dem Subjekt einer Familiengewalt haben die Sub-
jekte staatlicher Gewalt durch deren Natur die Pflicht ihrer Ausü-
bung zum Besten ihrer Objekte. Als ein solcher, der das Wohl der
am Staate beteiligten Menschen bezweckt, ist der Staatswille
massgebend nicht nur für die Objekte, sondern auch für die
Subjekte der Staatsgewalt, die durch die Erhebung eines be-
stimmten Inhaltes zu einem vom Staat gewollten nicht nur
ein ihm gemässes fremdes Verhalten befohlen, sondern auch
ein ihm gemässes eigenes Verhalten zugesagt haben.
Ist also das positive Recht, wenn wir von der Existenz
anderer selbständiger Gemeinwesen absehen, Staatswille, so ist
doch dieser nicht nur Befehl, sondern auch Verheissung und
zwar teils Verheissung der Liebenshemmung für den Fall ihm
nicht gemässen Verhaltens, teils Verheissung der Lebens-
förderung, die wieder von doppelter Art ist. Die Förderung
meines Lebens erfolgt vor allem durch meine eigene Liebensbe-
tätigung, und seine wichtigste Förderung durch den Staat ist
die durch ihn mir gesicherte freie Lebensbetätigung. Obgleich
er meine Freiheit beschränkt, existiert er doch zu ihren Gunsten,
weil sie ohne ihn überhaupt nicht gesichert wäre. Seine Be-
stimmung eines Gebietes, innerhalb dessen er sie mir sichert,
bedeutet neben dem Befehl an andere, sie nicht anzutasten, die
mir erteilte Verheissung nicht nur der Unterlassung solcher
Antastung durch den Staat, sondern auch der Aufbietung seiner
Macht zum Zwecke ihrer Verhinderung und eventuellen Ahn-
dung. Soweit jenes Gebiet reicht, soweit erstreckt sich die
Gewalt des Staates nach dessen eigenem Willen nicht über
mich, Durch die Aenderung seines Willens kann jenes Gebiet
jederzeit beschränkt werden, weshalb die durch Gesetz gewähr-
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