Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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leistete Freiheit durch Gesetz und die durch die Staatsverfassung 
gewährleistete durch Verfassungsänderung aufgehoben werden 
kann; so lange aber ihre Aufhebung nicht erfolgt ist, darf kein 
Staatsorgan sie antasten, und wenn ein solches ein ihretwegen 
ihm nicht zustehendes Verhalten beobachtet, ıst sein Wille nicht 
ein Staatswille, dem ich Gehorsam schulde, und dessen Durch- 
setzung ein Akt nicht der Staatsgewalt, sondern unberechtigter 
Gewalt, der gegenüber ich zur Notwehr berechtigt bin. Dabei 
ist aber streng zu unterscheiden zwischen der Ueberschreitung 
und einem blossen Missbrauch seiner Gewalt. Steht dem bestimmten 
Staatsorgane selbst die Entscheidung über den Umfang der von ihm 
zu respektierenden Freiheit zu, so handelt es rechtsgültig, wenn es 
sie mit Unrecht aberkennt. Es überschreitet dadurch nicht die 
Grenze seines Rechtes, verletzt aber seine Pflicht nicht nur 
gegen den Staat, sondern auch gegen den dadurch Geschädigten 
als einen solchen, zu dessen Ungunsten es seine Gewalt aus- 
geübt hat, während es ihm deren Ausübung zu dessen Gunsten 
schuldete.e Die dem Menschen als einem Objekte staatlicher 
(tewalt geschuldete Ausübung dieser zu seinen Gunsten ist ihm 
teils geschuldet auf sein Verlangen oder zum Zwecke einer von 
ihm begehrten Förderung seines Lebens, teils unabhängig von 
seinem Willen. Im ersten Falle ist er Subjekt des bestimmten 
Rechtes, wie jedes Rechtes, dessen Durchsetzung von seinem 
Willen abhängt, als Willenssubjekt, im zweiten Falle dagegen 
nicht als solches, sondern als Subjekt eines von Rechts wegen 
durch fremden Willen wahrzunehmenden Bedürfnisses. Wie so 
der Mensch teils aktives teils passives Subjekt von Rechten ist, 
so unterliegt er rechtlichen Beschränkungen teils als ein zu 
eigenem Verhalten verpflichteter, teils als ein fremder Behand- 
lung ausgesetzter. Soweit sein Wille vom Rechte ignoriert wird, 
ist er weder Subjekt aktiver Berechtigung noch Subjekt von 
Verpflichtungen, dagegen gleich anderen Objekt staatlicher Ge- 
walt und vor anderen Objekt staatlicher Fürsorge, auf die er
	        
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