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dieser ist aber ein solcher, den ich in bestimmtem Sinne habe.
Wenn man darüber streitet, ob es unbewussten Willen gibt, so
gibt es keinesfalls uubewusste Erkenntnis, und doch bedenken
wir uns nicht, uns eine Erkenntnis, deren wir uns zur Zeit nicht
bewusst sind, zuzuschreiben, wenn sie eine solche ist, deren wir
uns im Falle gehöriger Besinnung bewusst wären. Und wenn
die Bezeichnung einer blinden Erkenntnis eine contradictio in
adiecto wäre, so gibt es doch einen blinden Willen zwar nicht im
Sinne eines solchen, der kein Objekt hätte, aber deshalb,
weil er durch die Existenz seines Subjektes zum Objekt ihre
Erhaltung und Förderung hat als eine nicht nur durch die über-
legte oder im Hinblick auf ihre Folgen vollzogene, sondern auch
durch die unüberlegte Lebensbetätigung angestrebte.
Als ein solcher, der die Förderung meines Lebens will, ist
mein Wille unabhängig von meiner Erkenntnis, dagegen nicht
als ein bewusster, der will, was nach meiner Meinung der För-
derung meines Lebens dient. Für mein bewusstes Verhalten als
ein solches, das sich bestimmt durch die Bedürfnisse, deren ich mir
als der meinigen bewusst bin, ist meine Meinung über meine Be-
dürfnisse und die Mittel ihrer Befriedigung massgebend. Die Exi-
stenz des Staates und Geltung seines Rechtes ist ein mir mit den
übrigen daran beteiligten Menschen gemeinsames Bedürfnis und
damit ein Objekt eines mir mit ihnen gemeinsamen Willens. In-
wieweit für mein Bewusstsein dieses Bedürfnis und dieser Wille
meinem sonstigen Bedürfnisse und Willen vorgeht, ist meine
Sache. Wie ich aber den Willen, den ich andren als den mei-
nigen bezeichnet habe, ihnen gegenüber als den meinigen muss
gelten lassen, so dass sie trotz meines widersprechenden sonsti-
gen Bedürfnisses und Willens ein jenem gemässes Verhalten gegen
mich beobachten dürfen und von mir verlangen können, so gilt
von dem teils unmittelbar durch die Existenz und Verfassung des
Staates, teils durch Willenserklärungen der nach ihr zuständigen
Menschen gegebene Staatswillen, dass jeder am Staat Beteiligte