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Monarch, der zugleich richterliche Gewalt hat, Bestimmungen
über deren Ausübung trifft. Ist hier nicht der fremde Wille,
sondern die eigne Verheissung massgebend, so bestimmt sich, so-
weit ein Staatsorgan weder durch seine eigne Bestimmung, noch
durch die von einem andern getroffene in seiner freien Bewegung
gehemmt ist, sein Verhalten lediglich durch seinen gegenwärtigen
Willen, der aber Staatswille ist, weil es ihn äussert in seiner
Eigenschaft als Staatsorgan und damit als einen solchen, der ein
Mittel zur Befriedigung nicht seiner sonstigen Bedürfnisse, son-
dern des in jener Eigenschaft ihm zukommenden Bedürfnisses
der Sorge für den Staat und die an ihm beteiligten Menschen
ist. Dass er ein solches wirklich ist, kann nicht nur ebenso gut
ausgeschlossen sein, wie die Eigenschaft meines Willens, meinen
Bedürfnissen gemäss zu sein, sondern noch in höherem Grade,
weil niemand bewusst seinen Bedürfnissen zuwiderhandelt, aber
ein Staatsorgan durch sein Verfahren bewusst, anstatt dem staat-
lichen, seinem individuellen Sonderbedürfnisse dienen kann. Es
kann dies aber nicht tun, ohne seiner Stellung und dem Willen,
den es als deren Inhaber normalerweise hat, zu widersprechen,
wie denn auch noch kein Despot zugegeben hat, dass es ihm nur
um die Ausbeutung seiner Untertanen und nicht um die Förde-
rung ihres Lebens zu tun sei.
Man ist verschiedener Meinung über das Verhältnis zwischen
der Berechtigung und der Verpflichtung der Träger staatlicher
Gewalt. Man hat verneint, dass sie Pflichten haben, man hat
verneint, dass sie eigene Rechte haben, und man hat gemeint,
dass sie in erster Linie Pflichten und nur zur Ermöglichung ihrer
Erfüllung Rechte haben. Die erste Meinung verneint für sie mit
Recht die Existenz solcher Pflichten, wegen deren ein Rechts-
zwang möglich ist, betrachtet aber diese mit Unrecht als
die einzigen nach positivem Rechte bestehenden Pflichten. Die
zweite Meinung betrachtet die Träger staatlicher Gewalt als
Bevollmächtigte des Staates, der dann als ihr Vollmachtgeber