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wohl alle Menschen von ihrer Geburt an als die sogenannten
juristischen Personen „taugliche Befehlsempfänger“ sind, da-
gegen nicht die Tiere, während doch das Leben sehr wohl diese,
aber nicht die neu gebornen Kinder als Befehlsempfänger kennt.
Aber, sagt Thon (S. 2), nicht jedem Menschen, sondern regel-
mässig nur den Deutschen gelte der Befehl des deutschen Ge-
setzes; denn regelmässig seien nur sie Objekte der Befehlsgewalt
des Deutschen Reiches, wenngleich davon Ausnahmen wegen der
„Territorialhoheit* bestehen. Ist aber wirklich die Geltung deut-
scher Gesetze für Ausländer nur eine Ausnahme? Und schliesst
nicht die „Befehlsgewalt“ in sich die Möglichkeit eines den Ge-
horsam erwirkenden und den Ungehorsam ahndenden Zwangs, die
für die deutsche Staatsgewalt innerhalb ihres räumlichen Herr-
schaftsgebiets auch gegenüber dem Ausländer, dagegen ausser-
halb desselben auch nicht gegenüber dem Deutschen besteht?
THon wendet sich dann speziell dem Säugling als Befehlsemp-
fänger zu. Er beweist diese Eigenschaft durch $81BGB. Durch
die hier ihm zuerkannte Rechtsfähigkeit sei er „tauglicher Träger
von Rechtsverhältnissen. Diese aber sind aktiver wie passiver
Art“ (S. 24), und dem Säugling könne nicht „die aktive Seite“
zugesprochen werden ohne die passive. Die Subjekte eines gegen-
seitigen Schuldverhältnisses „sterben und werden von ihren eben
geborenen Kindern beerbt. Jedes Kind ist Gläubiger und gerade
um deswillen muss auch jedes Schuldner sein“. Die Bemerkung,
dass einem Säugling die aktive Rolle nicht zukommen könne
ohne die passive, hat etwas Verblüffendes; denn gerade jene ist
es, die einem Säugling nicht zukommen kann. Unrichtig ist
die Identifizierung der einen und der andren mit der Rolle des
Gläubigers und des Schuldners. Der Gläubiger hat als ein
solcher, dem der Schuldner leisten soll und leistet, eine passive
Rolle, dagegen eine aktive als ein solcher, der die Leistung ver-
langt und entgegennimmt, was aber der Säugling nicht kann.
Der Schuldner hat eine aktive Rolle als Subjekt der durch ihn