Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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Es ist klar, dass der Gesetzgeber, wenn es ihm ernstlich um 
Begründung einer Genossenpflicht zu tun ist, auch zugleich ein 
Uebel für die Uebertretung bestimmt, nicht weil es in allen, 
wohl aber in den meisten Fällen nötig ist. Häufig sind Sank- 
tionen allgemeiner Natur schon in Bereitschaft. 
Wenden wir uns nunmehr der Frage zu, ob auch die Er- 
laubnis Bestandteil des Gesetzes se. Die Ansicht, dass das 
Gesetz erlaubende Rechtssätze als wesentliche Bestandteile ent- 
halte, ist die hergebrachte und herrschende. Die Norm ist zu- 
gleich verpflichtender und berechtigender Rechtssatz. 
Die Erlaubnis kann nur dann wesentlicher Bestandteil der 
Norm sein, wenn ihr vom Gesetze eine beeinflussende Bedeutung 
zugedacht ist und wenn sie die Funktion, in den empirischen 
Verlauf einzugreifen, auch auszuüben vermag. Vermöchte sie 
dies nicht, so bedeutete sie einen rein indifferenten Bestandteil, 
etwas Belangloses, ein rechtliches Adiaphorum. 
Nun gläube ich aber, dass der Erlaubnis eine beeinflussende 
Funktion zugedacht ist und dass sie auch eine determinierende 
Wirkung auszuüben vermag. Erlauben bedeutet nicht bloss Ne- 
gation des Verbotenseins, sondern umfasst auch das Moment des 
Einladens und Aufmunterns. Der Wille des Gesetz- 
gebers ist nicht nur ein befehlender, sondern auch ein einla- 
dender. ° Er will nicht bloss sagen, was verboten und was in- 
folge dessen nicht verboten ist, sondern er trachtet auch dar- 
nach, dass ein bestimmtes, nicht verbotenes Verhalten einge- 
schlagen werde. Er befiehlt allerdings dieses Verhalten nicht, 
sondern überlässt es dem Adressaten, sich so zu verhalten oder 
nicht. Er drückt aber doch den Wunsch aus, dass dieses Ver- 
halten eintrete und sucht durch die Einladung ein Motiv zu 
einem Tun oder Lassen zu schaffen, einen Einfluss auf den 
Willen des Adressaten auszuüben. Und diese Einladung löst 
das Gefühl aus, dass, abgesehen von der Befriedigung einer eige- 
nen Neigung, der Wunsch einer höheren Autorität vorliegt.
	        
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