Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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mässig mit Sanktionen begleiten, da die psychische Wirkung des 
Befehles an sich zu unsicher wäre. Unter Sanktion verstehe ich 
die im Gesetze enthaltene, die rechtliche Sanktion. 
Die Sanktion ist selbst wieder Rechtssatz und enthält als 
solche die beiden Bestandteile des Befehles und der Erlaubnis. 
Wie sich der primäre Rechtssatz an einen Berechtigten und Ver- 
pflichteten wendet, so wendet sich auch die Sanktion an einen 
Berechtigten und Verpflichteten. THon a. a. O. S. 7 macht dar- 
auf aufmerksam, dass eine gewisse Geneigtheit bestehe, die Rechts- 
folgen der Normwidrigkeit nicht auch zu den Normen zu zählen, 
sondern sie begrifflich von diesen zu scheiden. Demgegenüber 
betont dieser Schriftsteller mit Recht, dass auch die Sanktionen 
Normen sind. Der Verpflichtete ist hier das Staatsorgan, das 
einschreiten soll, der Berechtigte ist der in seinen rechtlichen 
Interessen Verletzte. Aus dem Nebeneinanderbestehen der zwei 
Rechtssätze, des primären und des sekundären, ergibt sich für den 
nach dem ersten Rechtssatze Verpflichteten eine Drohung. Der 
Gesetzgeber wendet sich für den Fall der Nichtbeobachtung des 
ersten Befehles mit einem neuen Befehle an die Staatsorgane’. 
Die Drohung ist, wenigstens formell, nicht selbständiger Be- 
standteil weder des primären Rechtssatzes, noch der Sanktion, 
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® Es wird da und dort die Lehre vertreten, dass die Rechtssätze sich 
nur an die Organe wenden; vgl. neuestens M. E. MAYER, Rechtsnormen 
und Kulturnormen. Die Gründe, die dieser Schriftsteller anführt, sind die, 
dass das Volk die Gesetze nicht kenne, nicht kennen könne und solle. Die 
Intention des Gesetzgebers geht aber doch dahin, Befehle und Erlaubnisse 
an die Genossen direkt zu richten. Freilich wird es dem einzelnen, auch 
dem Juristen nicht möglich sein, alle diese Befehle und Erlaubnisse zu 
kennen. Der Gesetzgeber setzt aber voraus, dass sich jeder einzelne er- 
kundigen könne und, soweit es seine Stellung und seinen Beruf betrifit, 
auch erkundige. So wird der Kaufmann sich im Handels- und Wechsel- 
recht umsehen oder beraten lassen müssen. Der Landwirt wird sich Kennt- 
nisse über den Verkehr mit Liegenschaften, ländliche Dienstbarkeiten, Vieh- 
währschaft, Gesinderecht u. s. w. zu verschaffen haben. Vgl. auch GER- 
LAND, Kritische Vierteljahresschrift Bd. 46 S. 417 ft.
	        
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