Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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die Warnehmung derselben ermöglicht werden und jede einge- 
räumte Interessenswarnehmung ist subjektives Recht. 
Schwierigkeiten, für vorhandene Pflichten entsprechende Rechte 
aufzudecken bietet das Strafrecht. Rechtsnormen, die sich an die 
einzelnen richten und ihnen ein Verhalten untersagen, begründen 
Pflichten dieser einzelnen. Es frägt sich, wem die diesen Pflich- 
ten korrespondierenden Rechte zustehen. 
Nahbeliegend ist die Auffassung, dass die entsprechende Rechte 
dem Staate zustehen. So Bınpınes, Normen I. S. 96 fl. Es 
charakterisiere die Normen, dass sie stets zugleich Recht und 
Pficht begründen. Ersteres erschöpfe sich in der Gewalt, die 
Erfüllung der letztern zu fordern. Es sei ein Herrscherrecht 
auf Gehorsam oder Botmässigkeit, das dem Staate zustehe. 
Allein diese Auffassung kann m. E. nicht zutreffen Es ist 
allerdings die naheliegende Erscheinung, dass derjenige, der be- 
fiehlt, sich selbst gegenüber eine Pflicht begründen will. Allein 
es ist das Eigentümliche des Gemeinwesens, dass der Staat- 
Gesetzgeber nicht im eigenen Interesse, sondern im Interesse der 
Volksgenossen befiehlt. Der Gesetzgeber hat überhaupt keine ihn 
speziell berührenden Interessen. Wo er befiehlt, hat es zum 
Zwecke, bestimmte Interessen der Verbandsgenossen zu wahren 
und diese Interessenträger erscheinen als die Berechtigten. In- 
teresseträger bei den Strafnormen sind die Volksgenossen. Zweck 
dieser Normen ist, Verbrechen zu verhindern, weil sie die Ge- 
deihlichkeit des Zusammenlebens stören. Es geht nicht an, als 
Berechtigten gegenüber den durch die Gesetzgebung geschaffenen 
Pflichten den Staat als öffentliche Macht hinzustellen, sonst gäbe 
es überhaupt keine andern Rechte als die des Staats-Gesetzgebers. 
Allerdings lässt BInDING Normen nur auf dem Gebiete des Straf- 
rechts zu, Normen des Privatrechts etc. bestehen nach ihm nicht. 
Steht man aber auf dem Boden der Normennatur alles Rechts 
so bleibt nur die Alternative, entweder alle gesetzlichen Pflichten 
der einzelnen als der öffentlichen Gewalt gegenüber bestehend
	        
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