Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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erachtet. Der primären Norm sieht man es nicht an, ob sie zur 
Sicherung nur öffentlicher Interessen oder nur privater Interessen 
oder beider erlassen ist. Ob ein Interesse zum öffentlichen Rechte 
des Genossen gegen Genossen erhoben ist, ersieht man aus den 
sekundären, Strafandrohungen enthaltenden Normen. Dass das 
private Interesse ins Auge gefasst und ein Privatrecht begründet 
werden will, erkennt man aus den sekundären Normen, die Er- 
füllungszwang, Wiederherstellung oder Entschädigung vorsehen. 
Man könnte annehmen, dass beim sog. Antragsdelikte eine 
Ausnahme von dem Prinzipe vorliege, dass der durch die Strafnorm 
begründeten Pflicht das Recht sämtlicher Genossen entspreche. 
Allein beim Antragsdelikt ist lediglich das Recht, die Strafjustiz 
in Bewegung zu setzen, auf bestimmte Personen beschränkt. Auch 
das Antragsdelikt verletzt die Rechte sämtlicher Genossen, nur 
ist hier der Weg Rechtens bloss bestimmten Personen geöffnet. 
BINDING, Grundriss des deutschen Strafrechts 7. Aufl. 8. 112 £. 
führt aus, dass sich das Delikt nicht bloss als Verletzung der Ge- 
horsamspflicht gegen den Staat, sondern auch als Angriff auf 
subjektive Rechte der einzelnen (des Eigentumsrechts, Urheber- 
rechts etc.) oder auf sog. Rechtsgüter erweise. Rechtsgut sei 
alles, was zwar selbst kein Recht, doch in den Augen des Ge- 
setzgebers als Bedingung gesunden Lebens der Rechtsgemein- 
schaft für diese von Wert sei. Angrifisobjekt sei nicht das In- 
teresse am Gut, sondern das Gut selbst. Dabei ist nach BINDING 
etwas Rechtsgut nur für einen einzelnen Genossen nicht für die 
übrigen Genossen. Das Leben des X, die Ehre des Y, das 
Eigentum des Z sind Rechtsgüter für X, Y, Z, nicht für die üb- 
rigen Genossen. Danach hätte der einzelne ein anerkanntes 
Interesse an der Unterlassung des Deliktes nur in Bezug auf 
seine Person. Dieses Interesse würde sich also in nichts von 
einem privaten Interesse unterscheiden. Es kann aber dem Ge- 
nossen nicht gleichgültig sein, wenn beim Nachbar eingebrochen, 
derselbe getötet und sein Eigentum geraubt wird, wenn Mitge-
	        
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