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Gedankengang ist folgender: Der Staat muss gegenüber den
auf Grund gesetzlicher Verpflichtung zu errichtenden Anstalten
weitgehendere Befugnisse haben, folglich ist $ 33 uneingeschränkt,
$ 34 beschränkt zu deuten. Er gerät zudem selbst in einen
Widerspruch bei der Unterscheidung in zwangsweise und frei-
willig gegründete Anstalten. Die Unterordnung beider Arten
unter 8 33 begründet er nämlich damit, dass alle öffentlichen
Stiftungen ein Interesse für den Staat hätten, übersieht aber,
dass es sich dann nicht um eine Stiftung, d. h. nach seiner eige-
nen Ansicht freiwillig gegründete Anstalt handelt, geschweige
denn um eine Öffentliche milde, wenn ein Kommunalverband auf
Grund gesetzlicher Verpflichtung eine Anstalt er-
richtet. Dieser innere Widerspruch und die gänzliche Nichtbe-
rücksichtigung des Wörtchens „doch“ im 8 34 lässt schon er-
kennen, dass man diesen Ausführungen mit Vorsicht gegenüber-
treten muss. Es ist daher zunächst zu versuchen, aus dem Ge-
setzestext in Verbindung mit der bereits gewonnenen geschicht-
lichen Grundlage darüber Klarheit zu gewinnen, welche Aus-
legung diesen Vorschriften zu geben ist.
Unter Hospitälern hat man bis in die Mitte des 18. Jahr-
hunderts die auf milden Stiftungen beruhenden öffentlichen An-
stalten verstanden, die zur Aufnahme von armen, alten, gebrech-
lichen oder kranken Leuten dienen. Dass sich dieser Begriff auch
zur Zeit der Entstehung und Einführung des Allgemeinen Land-
rechts nicht geändert hat, ist u. a. aus einer Regierungsverfügung
vom 31. Januar 1795 5° ersichtlich, in der die unentgeltliche Auf-
nahme geistesschwacher Unteroffiziere in ein Königsberger Hospi-
tal verlangt wird, obgleich nach der Stiftungsurkunde nur Arme
genommen und erhalten werden sollen. Aus der Eigenschaft des
Hospitals als eines Armenhauses erklärt sich auch die Einreihung
dieser Bestimmungen unter das Armenrecht im 19. Titel des
Allgemeinen Landrechts.
58 N.0.0. IX. S. 514.