Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

— 486 — 
die Entschliessung sich offenbar die formelle Macht bei, über 
die „teilweise Anwendung des Ediktes“, nämlich über das 
Disziplinarrecht zu verfügen und wird nur „aus entgegen- 
stehenden wichtigen Bedenken“ davon abgesehen. 
Was soll das heissen? Es kann offenbar nur heissen, dass der 
König sich das Recht beilegt, im Verordnungswege darüber zu 
befinden, ob die Lehrer den Rechtsschutz eines Disziplinarrechts 
geniessen sollen oder nicht. Welches die wichtigen Bedenken 
sind, welche davon abhalten, den Lehrern diesen Rechtsschutz 
zu gewähren, darüber verlautet nichts, sicherlich aber sind die 
Bedenken nicht rechtlicher, sondern politischer Natur. Recht- 
lich ist nun diese staatsrechtliche Auffassung nicht einwandfrei. 
Das Disziplinarrecht des Ediktes findet auf Lehrer entweder 
Anwendung oder nicht Anwendung, ein Drittes gibt es nicht. 
‘Findet es Anwendung, dann vermag kein Bedenken so wichtig 
zu sein, um diese Anwendung hemmen zu dürfen, findet es keine 
Anwendung, dann bedarf es keiner Bedenken, um sie auszu- 
schliessen. Ob es aber Anwendung finde oder nicht, das ist 
eine reine Rechtsfrage. Die vermutlichen Bedenken, die hinter 
der kgl. Entschliessung obwalteten, können wohl nur zweierlei 
sein, entweder befürchtete man eine Lockerung der Lehrerdisziplin, 
wenn man ihnen ein Disziplinarrecht einräumte, oder man be- 
fürchtete Einwände seitens der kirchlichen Behörden, die sich 
etwa in ihrem tatsächlich erstrebten oder geübten Einfluss auf 
den Dienst der Lehrer verkürzt glauben möchten, wenn den Lehrern 
von Staatswegen ein Disziplinarrecht eingeräumt würde. Mögen 
nun im Jahre 1819 diese politischen Bedenken gewesen sein, welche 
sie wollen; wir beschränken uns auf die rechtliche Würdigung 
der Frage. SEYDEL (bayer. Staatsrecht 2. Auflage Bd. 2 8. 277 f.) 
hat aus dem Zusammenhang der Redeweise des $ 10: „Staats- 
beamten und öffentlichen Dienern*“ mit den einschlägigen Be- 
stimmungen des Strafgesetzbuchs von 1813 ganz mit Recht deu 
Schluss gezogen, dass die disziplinarrechtlichen Vorschriften der
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.