Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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Beginn der Steuerreform auf 100), ermässigt wurde, mag geschichtlich seine 
Wurzel in deralten Einkommensteuer vom Jahre 1849 (samt Kriegszuschlag) 
haben; allein er wirkt vielfach prohibitiv in Ansehung der Kapitals-Asso- 
ziation, und die erbarmungslose Besteuerung der Rücklagen lässt eine syste- 
matische Ansammlung des Kapitales im Bereiche der Aktiengesellschaften 
nur sehr schwer aufkommen. Diese Bestimmungen des Personalsteuerge- 
setzes konnten ihren traurigen Einfluss auf die Entwicklung der Grossindu- 
strie nicht verfehlen, 
Die Personaleinkommensteuer, die das Rückgrat der Reform bildet, 
ahmt im Wesen das preussische Muster, das Miquel’sche Gesetz vom 
Jahre 1891 nach; nur steigt die Steuer in Oesterreich nicht, wie im Muster- 
gesetze, bis zu 40/,, sondern bis zu 50%, Den Ansprüchen der Agrarier wurde 
hier dadurch Rechnung getragen, dass kraft der mit dem Steuerausschusse 
vereinbarten Bestimmungen der Vollzugsvorschrift der Katastralreinertrag 
als der mutmassliche Ertrag des Grundbesitzes im weiten Umfange zu gelten 
hat. Die interessanten Erörterungen des Verfassers über die Personalein- 
kommensteuer in Oesterreich sollen nur in einem einzigen Punkte berichtigt 
werden. Die Wirksamkeit der Schätzungskommissionen, die zur Hälfte aus 
ernannten Mitgliedern bestehen, mag in vielen Fällen nur ein äusserer Auf- 
putz der bureaukratischen Bemessungstätigkeit sein. Allein es lässt sich 
nicht verkennen, dass nicht selten der Bestand der Kommissionen dazu 
führte, gerade diejenigen Missstände auszumerzen, denen die bureaukrati- 
sche Bemessungstätigkeit ausgesetzt ist. Vielfach zeigte es sich, dass das 
in manchen vielvermögenden Kreisen herrschende Bestreben, höhere Staats- 
beamte als Protektoren heranzuziehen, an der Festigkeit der Kommissionen 
scheiterte, dass also ohne den Bestand dieser Kommissionen das Einschät- 
zungsergebnis weit ungleichmässiger geworden wäre. Dieser moralische 
Einfluss der Kommissionen darf nicht zu gering angeschlagen werden, wie der 
Verfasser zu tun gesonnen ist; die wenn auch sehr begrenzte Oeffentlich- 
keit des Geschäftes der Veranlagung übte ihre heilsame Wirkung in zahl- 
reichen Einzelfällen aus. 
Es ist bisher kein so anregendes und fesselndes Buch über die öster- 
reichische Steuerreform vom Jahre 1896 geschrieben worden, wie das vor- 
liegende. Namentlich die Aufzeigung der politischen und sozialen Trieb- 
federn, die die Entwicklung des österreichischen Abgabenwesens bestimmten, 
gewährt grosses Interesse. Das bedeutsamste Werk der ganzen neueren 
österreichischen Gesetzgebung, die Steuerreform vom Jahre 1896, hat in 
dieser eleganten Schrift endlich eine nach allen Richtungen hin aufklärende 
wissenschaftliche Bearbeitung gefunden. 
Dr. Max Schuster-Bonnott.
	        
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