Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

— 497 — 
Karl Pribram, Geschichte der österreichischen Gewerbepolitik von 1740 
bis 1860, I. Band, 1740—1798, Leipzig, Duncker & Humblot, 1907, 
XIX und 614 Seiten. 
Der vorliegende erste Band behandelt die Geschichte der öÖsterreichi- 
schen Gewerbepolitik vom Jahre 1740 bis zum Jahre 1798, also die Zeit 
der Theresianischen und der Josephinischen Reformen und die Zeit der Re- 
stauration unter Kaiser Leopold II. Es ist eine wirtschafts- und ver- 
waltungsgeschichtliche Darstellung in grossen Zügen, die der Verfasser bietet. 
Stets knüpft der Verfasser an die allgemeinen Grundsätze der staatlichen 
Tätigkeit an, um zu den Einwirkungen auf das gewerbliche Leben hinüber- 
zuleiten. Die Anregungen zu einer Besserung der Verwaltungstätigkeit auf 
gewerblichem Gebiet gehen von bedeutenden Geistern der vortheresianischen 
Zeit aus; unter ihnen ragte Hörnigk hervor, der sein berühmtes Werk 
„Oesterreich über Alles“ mit den resignierten Worten schloss: „Cantantur 
haec, clamantur haec, — Dicuntur, audiuntur, — Scribuntur haec, legun- 
tur haec — Et lecta negliguntur‘. Erst unter der Kaiserin Maria Theresia 
besserte sich der Zustand der Unempfindlichkeit der staatlichen Machthaber 
gegenüber den Anregungen der Wissenschaft. Von dieser bedeutenden 
Monarchin wurden wirksame Impulse zur Verbesserung der verwaltungs- 
rechtlichen und wirtschaftlichen Beziehungen der Gewerbe gegeben. Die 
Aktion ging Hand in Hand mit der Festigung des Gesamtstaates, die ja im 
Wesen erst unter Maria Theresia begann. Die verschiedenen Länderstellen» 
die sich bisher keineswegs als Organe des Gesamtstaates fühlten, mussten 
ihrer Kompetenzen beraubt werden; die Kaiserin richtete Zentralbehörden 
ein und stellte ihnen für die gewerblichen Angelegenheiten, das „Kommerz- 
wesen“, Spezialbehörden an die Seite, die von den alten Länderstellen un- 
abhängig waren. So gelang es, die damals die Wirtschaftspolitik beherr- 
schenden merkantilistischen Grundsätze auch in der praktischen Verwaltung 
der österreichischen Länder zum Durchbruche zu bringen. Der Unterschied 
der Kommerzialgewerbe, die auf Absatz ausserhalb ihres Standortes bedacht 
sind (Fabriken Grosshandelsunternehmungen und dgl.) von den Polizeige- 
werben, die für den Ortsbedarf arbeiten, war für die Verwaltungsmassregeln 
bestimmend, die die Kaiserin zum Zwecke der Gewerbebeförderung traf. 
Kaiser Josef trat auch hier, ebenso wie auf vielen andern Gebieten staat- 
lichen Lebens, durchaus selbständig und energisch als Reformator auf; er 
verliess die zu einem System ausgebildeten Grundsätze der Merkantilisten 
und folgte mehr den Ideen der Physiokraten, die im Zusammenhange mit 
den Anhängern des Naturrechtes eine Befreiung des inneren Verkehres von 
allen ihn fesselnden Zwangsvorschriften erstrebten und auf diese Art Handel 
und Wandel am besten zu fördern hofften. Die autoritative Beherrschung 
der industriellen Entwieklung hörte trotz der Fortsetzung der straffen Zen- 
tralisierung des gesamten Verwaltungsapparates auf; vielmehr wurden die 
Hemmnisse beseitigt, die die Verwaltungen der einzelnen Länder und die 
Archiv für öffentliches Recht. XXIII. 3. 32
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.