Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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völkerung ganzer Stadtteile“ sprach, die bei einer etwas radikaleren Fas- 
sung des Gesetzes zu besorgen wäre (8.31). Die Gründe für diese Zurück- 
haltung des Privatkapitals liegen auf der Hand. Welcher Kapitalist wird 
Lust haben, sich zwischen eine stets an der Grenze der Zahlungsunfähig- 
keit stehende Mieterschaft, bei der das gesetzliche Pfandrecht an den ein- 
gebrachten Fahrnissen nahezu illusorisch ist, und die bei der Handhabung 
dieses Gesetzes mit seinen zahlreichen und minutiösen Detailbestimmungen 
zu Chicanen noch mehr als sonst disponierten Steuer-, Bau- und Gewerbe- 
behörden in die Mitte zu stellen, wenn ihm nicht eine über die gewährte 
Steuerbegünstigung weit hinausgehende Gewinnstprämie in Aussicht gestellt 
ist? Einzig und allein die Arbeitgeber finden bei einer solchen Baufüh- 
rung ihre Rechnung, da sie — abgesehen von ihrem natürlichen Interesse 
an einer leidlich zufriedenstellenden Unterkunft ihrer Arbeiter — sich durch 
den Abzug der Miete vom Lohne stets bezahlt machen hönnen und über- 
dies in der Kündigung des Mietverhältnisses eine der stärksten Waffen im 
Lohnkampfe gewinnen. 
Der Verfasser tritt nun dafür ein, einerseits von der Heranziehung des 
privaten, auf Spekulationsgewinn ausgehenden Kapitals völlig Umgang zu 
nehmen, andererseits die Wohnungsfürsorge auf eine breitere Basis zu 
stellen und einen ganzen Komplex von Gesetzen zu schaffen, der dieser 
Aufgabe zu dienen hätte. Es soll insbesondere geschaffen werden: ein Woh- 
nungsgesundheitsgesetz in Verbindung mit einem Wohnungsinspektionsge- 
setz, ein Rahmengesetz betreffend die Grundbestimmungen der Bauordnung, 
sowie der baulichen Anlage und Regulierung von Städten, ein Enteignungs- 
gesetz, ein Rahmengesetz betreffend die Form und den notwendigen Inhalt 
von Bestandverträgen und die Exekutionsführung auf Grund derselben, end- 
lich ein Gesetz, betreffend die Förderung des Baues und der Bereitstellung 
von Volkswohnungen seitens gemeinnütziger Unternehmungen und seitens 
der Arbeitgeber durch Steuer- und Gebührenbegünstigungen in Verbindung 
mit einem Gesetze, betreffend die Organision der Kreditgewährung für ge- 
meinnützige Zwecke. 
Es unterliegt keinem Zweifel, dass die österreichische Gesetzgebung in 
der Frage der Wohnungsfürsorge noch nicht ihr letztes Wort gesprochen 
hat, und es wäre zu wünschen, dass die wohldurchdachten Ausführungen 
des Verfassers gegebenen Falles bei den kompetenten Faktoren Beachtung 
finden. 
E. Radnitzky. 
L. Raggi. La Teoria della Sovranitä. Contributo storico e ricostrut- 
tico alla dogmatica del diritto pubblico. Genova 1908. S. VI und 302. 
Souveränetät ist im Sinne des Verfassers die dem Staate zustehende 
höchste Macht, einen eigenen Willen zu eigenen Zwecken zu äussern, ver- 
eint mit der Fähigkeit, zur Durchsetzung seines Willens Zwang zu üben.
	        
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