Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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(S. 22 G.). Wie man hieraus ersieht und der Verfasser auch sonst wieder- 
holt betont, gibt es für ihn nur eine innere oder positive Souveränetät, ein 
Begriff, durch den er die „Staatsgewalt“ vollkommen ersetzen und über- 
flüssig machen will. Die Ansicht, dass innere und äussere Souveränetät 
notwendig zusammen gehören, dass höchste Macht und unabhängige Macht 
nur verschiedene Seiten eines und desselben Begriffes vorstellen, wird vom 
Verfasser unter anderm mit der Bemerkung bekämpft, dass eine Macht in 
einer Beziehung (in un dato ordine di fenomeni) die höchste sein könne, 
ohne dass sie in anderer Beziehung von aussen unabhängig sein müsste 
(S. 231). Den evidentesten Beweis gegen jene Ansıcht erblickt er in dem 
Staatenbund, der völkerrechtliche, aber nicht staatsrechtliche Souveränetät 
habe. Er bezeichnet denn auch diese letztere ausdrücklich als den all- 
einigen Gegenstand seiner Ausführungen und will weder mit der ÖOrgan- 
souveränetät noch mit der Souveränetät eines Staates über den andern et- 
was zu tun haben (S. 229 N. 7). Bei seiner Identifizierung von Souver- 
änetät und Staatsgewalt ist es natürlich nicht überraschend, dass er sowohl 
den Bundesstaat als die einzelnen Gliedstaaten für souverän erklärt. Er 
schliesst sich hiemit der bekannten Lehre von Waitz an, die er nur jn- 
soferne modifiziert wissen will, als es eben die Gleichsetzung jener beiden 
Begriffe mit sich bringt. Die Ansicht, dass der wahre Souverän derjenige 
sei, der die Macht hat, bei zweifelhafter Kompetenz oder über eine Aende- 
rung derselben zu entscheiden, wird vom Verfasser mit der mir unverständ- 
lichen Bemerkung abgetan, dass dies dem Begriff der Souveränetät wider- 
spreche, „che opera nello Stato ordinato e con le proprie leggi, danoi posta 
a base della nostra costruzione“. Auch scheint er zu meinen, dass es 
Bundesstaaten ohne Kompetenz-Kompetenz gibt (8. 289 und 290). An 
einer andern Stelle (S. 269) bemerkt der Verfasser ausdrücklich, dass es, 
um souverän zu sein, schon genüge in einer Beziehung das Recht der 
Souveränetät zu geniesen und zwar gerade deshalb, weil die Souveränetät 
ein unteilbares Recht ist. Ogleich er sich also dagegen verwahrt, ein An- 
hänger der geteilten oder relativen Souveränetät zu sein (vgl. auch S. 271 
N, 2) ist es doch unmöglich, seine Meinung unter eine andere Kategorie 
zu subsumieren. Es ist ja auch nicht zu leugnen, dass die Meinung, die 
Souveränetät oder — was im Sinne des Verfassers dasselbe ist — die 
Staatsgewalt sei einer Teilung nach Materien fähig, sich auf den ersten 
Blick zu empfehlen scheint. Mindestens ist es zweifelhaft, ob sie mit rein 
aprioristischen Argumenten widerlegt werden kann. Wenn irgendwo, gilt 
hier das Wort von den leicht beieinander wohnenden Gedanken und den 
hart im Raume sich stossenden Sachen. Die Annahme einer geteilten oder 
relativen Souveränetät scheitert an der Realität des Startslebens und an 
der gegenseitigen Bedingtheit aller Staatsfunktionen. Wenn z.B. die deut- 
schen Gliedstaaten in irgend einem Punkte „souverän“ sind, so ist dies ge- 
wisse das Gebiet des Elementarunterrichtes. Es ist aber leicht einzusehen,
	        
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