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zur internen Gesetzgebung erörtert, wobei sich der Verfasser auf den Stand-
punkt der herrschenden und wohl richtigen Lehre von der bloss mittel-
baren Geltung der Vertragsnormen für die Individuen stellt. Sehr beachtens-
wert sind auch die Ausführungen über die verschiedene Tragweite der for-
mellen Reziprozität in Bundesstaaten und Einheitsstaaten. In erstern be-
wirkt die Reziprozitätsklausel inbezug auf die Behandlung der Ausländer
nur eine Angleichung an das Bundesindigenat, nicht an die Staatsange-
hörigkeit.
Den Hauptteil der Arbeit bilden die kritischen Erörterungen über die
formellen und materiellen Voraussetzungen der zwischenstaatlichen Frei-
zügigkeit und des Ausweisungsrechtes. Diese sorgfältigen und durch Praxis
und Literatur ergiebig dokumentierten Ausführungen können wohl im All-
gemeinen als erschöpfend betrachtet werden. Dagegen vermisst man eine
bestimmtere und mehr in Einzelheiten eindringende Umgrenzung des Be-
griffs der Gleichbehandlung. Gerade auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts
ist hier noch vieles streitig und der Nachweis dessen, was auf Grund eines
bestimmten Vertrages und bestimmter Gesetzgebungen als mit der Gleich-
heit vereinbar gilt, wäre sehr wertvoll. Dabei scheint uns, dass der vom
Verfasser vielleicht nicht genügend gewürdigte Unterschied zwischen nie-
dergelassenen und bloss transitierenden Ausländern eine nicht unerhebliche
Rolle spielte. Es ist allerdings zuzugeben, dass die Feststellung all der
differentiellen Behandlungsweisen von Fremden bei der Rechtszersplitte-
rung in Deutschland und der Schweiz ausserordentliche Schwierigkeiten ge-
boten haben würde. Der Verfasser hat sich deshalb begnügt einige wich-
tigere Einzelanwendungen herauszugreifen.
Besonderes Interesse kann der Abschnitt über den Rechtsschutz der
zwischenstaatlichen Niederlassungsfreiheit beanspruchen. Neben dem völker-
rechtlichen Schutz, den der verletzte Staat durch völkerrechtliche Zwangs-
massregeln zur Geltung bringen und den das verletzte Individuum durch
Anrufung der diplomatischen Intervention mittelbar erlangen kann, gibt es
noch einen landesrechtlichen Schutz, der von dem ersteren ganz unabhängig
ist, Dieser Schutz hat nun in der Schweiz eine ganz besondere Ausgestal-
tung erhalten, da die Staatsgerichtsbarkeit wegen Verletzung subjektiver
öffentlicher Rechte nicht nur für die Inländer gilt und nicht nur für die
auf reinem Landesrecht beruhenden Rechte, sondern auch für die mittelbar
aus Staatsverträgen den Ausländern zukommenden Rechte. Dadurch ist für
die Handhabung der Staatsverträge die Justizförmigkeit gesichert und eine
Grundlage für eine rein rechtliche Auslegung mittelbar völkerrechtlicher
Normen geschaffen. Allerdings ist diese Rechtsprechung in der Hauptsache
in die Hand des Bundesrates und nicht des Bundesgerichtes gelegt; das
ändert aber an dem jurisdiktionellen Charakter der betreffenden bundes-
rätlichen Entscheidungen nichts, wie der Verfasser richtig bemerkt. Diese
Art der Handhabung der völkerrechtlichen Verträge ist zwar lediglich
Archiv für öffentliches Recht. XXIIT. 3. 33