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Im Gegensatz zur „Säkularisation berührt die moderne Aufhebung einer
Ordensniederlassung weder die KEigentumsverhältnisse am Klostergut noch
behelligt sie die Mitglieder der Niederlassung. Die Auflösung eines ganzen
Ordens steht dem Könige selbstredend nicht zu. (S. 363—365.)
Der III. Abschnitt, „Die Ordensmitglieder“, ist analog dem vor-
hergehenden Abschnitt eingeteilt und spricht von dem Eintritt in den Or-
den, der weltlichen und der geistlichen Stellung der Ordensmitglieder und
vom Austritt aus dem Orden. Heute sind die Orden in Preussen berechtigt,
neue Mitglieder ohne vorhergehende staatliche Genehmigung aufzunehmen ;
nur Ausländer sind nicht aufnahmefähig, und zum gültigen Eintritt von
Minderjährigen ist die Einwilligung der Erziehungsberechtigten erforder-
lich, Dieser Rechtszustand beruht auf dem Zirkularerlass von 1887 und
kann daher seitens der zuständigen Minister jederzeit wieder geändert wer-
den (S. 366--368). Bei der weltlichen Stellung der Ordensmitglieder unter-
scheidet Giese die zivilrechtliche und die öffentlichrechtliche Seite der Frage
(8. 368—376), bei der geistlichen Stellung der Mitglieder wird zwischen der
Stellung der Ordensmitglieder zu den Klosteroberen und der staatlichen Be-
aufsichtigung der Ordenstätigkeit geschieden (8. 376—382). — Der Austritt
aus dem Orden kann freiwillig oder unfreiwillig erfolgen. Der zwangs-
weise Ausschluss stellt ein erlaubtes kirchliches Strafmittel dar. Der frei-
willige Austritt ist zwar nach kirchlichen Normen nicht mehr zulässig, so-
bald die feierlichen Gelübde abgelegt sind. Da der Staat aber eine welt-
liche Wirkung der Gelübde nicht kennt, so steht nach weltlichem Recht
einem Austritt nichts entgegen. Den kirchlichen Oberen bleibt es indes
unbenommen, mit kirchlichen Strafmitteln gegen den Austretenden einzu-
schreiten (S. 383—384). —
Wir sehen also, der Verfasser hat die viel zersplitterte Materie des
katholischen Ordenswesens auf einem Felde vereinigt, die einschlägigen
Gesetzesbestimmungen, Verordnungen und Entscheidungen sind aufs sorg-
fältigste zusammengetragen und in ein durchaus exaktes, übersichtliches
System eingeordnet. Er hat sich damit ein nicht zu unterschätzendes Ver-
dienst erworben; seine in jeder Hinsicht erfreuliche Arbeit ist vollauf ge-
eignet, eine bisher vorhandene Lücke in der Kirchenrechtsliteratur auszu-
füllen. In der „Deutschen Wacht“ (1908, Nr. 26) ist anlässlich der Be-
sprechung der vorliegenden Arbeit unter Hinweis darauf, dass eine einheit-
liche Regelung des Ordenswesens im preussischen Recht in absehbarer Zeit
nicht zu erwarten sein dürfte, der Wunsch ausgesprochen worden, der Ver-
lag möchte sich nachträglich entschliessen, den Sonderabdruck der ausge-
zeichneten Abhandlung — der übrigens mit einem recht guten Schlagwort-
verzeichnis versehen ist — doch noch dem Buchhandel zu übergeben. Ich
kaun es mir nicht versagen, mich hier diesem Wunsche anzuschliessen; es
würde in hohem Grade wünschenswert sein, wenn die vorliegende Arbeit