Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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Wissenschaft und zwar auf die reine sc. theoretische Mathe- 
matik hinweisen: Denn auch bei ihr ist die Hypothese, 
als besonderes Stadium eines wissenschaftlichen Problems, un- 
denkbar. Allerdings aus einem ganz anderen Grunde. Denn 
die Mathematik ist die Wissenschaft, welche beweist 
nat’ &&oyyv. In ihr hat das Stadium des „Nochnichtbewiesen- 
seins“ keinen Platz, weil es wertlos ist. Ihre Lehrsätze sind ent- 
weder ganz oder gar nicht bewiesen, ihre Beweismittel sind nicht 
von aussen zu holen, sondern bestehen aus einigen wenigen, dem 
Gelehrten immer zugänglichen logischen Axiomen. Die Rechts- 
wissenschaft — ich spreche hier von der reinen Rechtswissen- 
schaft, als der Wissenschaft abstrakter Normen und Begriffe 
de lege ferenda — ist nun der Mathematik dadurch geradezu 
diametral entgegengesetzt, dass sie nichts zu beweisen 
hat. Man kann also z. B. unmöglich nachweisen, welche 
begriffliche Merkmale das Wesen des Staates, der Souveränität 
u. s. f. ausmachen. 
Daraus folgt aber sofort der eigentliche Charakter der 
Jurisprudenz (insoweit sie nicht bloss Interpretation positiver 
Rechtsnormen ist) als rein konstruktiver Wissenschaft, 
weiters die Unmöglichkeit von hypothetischen Lehrsätzen und 
eines wissenschaftlichen Streites darüber im naturwissenschaftlichen 
Sinne. Die Methode konstruktiver Wissenschaften ist 
aber die Synthese. Sind dieselben abstrakter Natur, 
so folgt daraus das Postulat der abstrakten begrift- 
lichen Synthese. Setzt man nun voraus, dass ich bei 
der Synthese eines bestimmten Begriffes den allgemeinen Regeln 
logischen Denkens gefolgt bin, so ist der von mir zu Tage ge- 
förderte Begriff logisch unantastbar. Er kann es höchstens vom 
Zweckmässigkeits- d. h. methodologischen Standpunkte sein. Wenn 
ich also z. B. den Begriff der Souveränität als die ausschliess- 
liche Fähigkeit der Selbstbestimmung eines Rechtssubjektes de- 
finiere (JELLINER), so habe ich damit eine begriffliche Kon-
	        
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