Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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struktion geboten, deren „Richtigkeit“ ich zwar nie beweisen 
kann (wie etwa den pythagoräischen Lehrsatz), die aber unmöglich 
im gleichen Sinne falsch sein kann wie etwa die Behauptung, 
das 2xX2—-5 sei. Es steht sonach jedem anderen frei, den Be- 
griff der Souveränität anders zu konstruieren, keinen 
Sinn hat es aber, wenn ich mich mit ihm in 
einen wissenschaftlichen Streit darüber ein- 
lasse, wer von uns beiden „recht“ hat. Ebenso 
verhält es sich, um ein allgemein bekanntes Schulbeispiel an- 
zuführen, mit der Konstruktion des Begrifies „Staat“. Ob die 
Souveränität ein begrifflich notwendiges Merkmal des Staats- 
begriffes, ihm immanent sei? \Ver kann das behaupten, ge- 
schweige denn beweisen? Es kommt doch, meine ich, alles 
darauf an, wie ich den Begriff des Staates konstruieren, 
wie ich den Begriff der Souveränität fassen will. Trotzdem 
wogt in der deutschen Literatur seit langem ein heisser Kampf 
um diese Frage. Den Kämpfern ist sie keineswegs nur eine 
methodologische, denn sonst könnten sie nicht so gegeneinander 
argumentieren, wie sie es tun. Die Aufstellung irgend einer 
Theorie bedeutet nämlich gleichzeitig absolute Verwerfung aller 
anderen Gesichtspunkte als grundsätzlich „falsch“ °. 
Wir sehen nun aus den angeführten Beispielen, dass die 
von der Jurisprudenz aufgestellten Lehrsätze einen wesentlich 
anderen Charakter haben müssen als die „Gesetze“ der Natur- 
wissenschaften. 
Ausser der eben erwähnten konstruktiven Methode kennt 
5 Ein Beispiel, das ich zufällig bei der Hand habe: In seiner Mono- 
graphie „Das juristische Kriterium des Staates“ behauptet SEIDLER_ apo- 
diktisch : „Die Souveränität ist, wie von selbst einleuchtet, nichts zufällig 
lem Staate Anhaftendes, sondern kann nur die Folge gewisser konstitu- 
liver Eigenschaften des Staates sein, welche ihm allseitige Ueberlegenheit 
und Unabhängigkeit gewähren“ (8. 7) oder: „So bleibt uns demnach als das 
einzige Mittel, zu erkennen, ob ein konkretes, staatliche Gewalt aus- 
übendes Gemeinwesen, Staat ist, das Vorhandensein einer staatlichen kon- 
stitutiven Rechtsordnung zu untersuchen“ (Seite 16). 
Archiv für öffentliches Recht. XXIII. # 35
	        
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