Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

— 558 — 
es widerstrebt ihr aber, dieselben auf die gleiche Stufe mit 
privatrechtlichen zu stellen, daher werden sie durch die theo- 
logische Mischung erhöht. Juristisch lässt sich die STAHL’sche 
Konstruktion dahin formulieren, dass sie — wie alle in diese 
Gruppe fallenden Konstruktionen — auf einer Differenzierung 
der Zwecksatzung der objektiven Normen beruht. Eine Privat- 
schuld zahle ich im alleinigen Interesse meines Gläubigers, eine 
öffentliche Abgabe im „allgemeinen“ Interesse. Da es aber 
keine einem Gegenstande oder einem Verhältnisse (sc. trans- 
zendental) immanenten Zwecke und noch weniger Interessen 
gibt, so ist diese Unterscheidung die labilste, die man sich den- 
ken kann. Ob etwas in meinem Interesse ist oder geschieht, 
kann authentisch nur ich selbst behaupten, und da die „Allge- 
meinheit“, das „(semeinwesen® trotz der organischen Staats- 
lehre sich nie selbst über seine Zwecke und Interessen äussern 
kann, so bleibt es der Entscheidung der einzelnen Beobachter 
anheimgestellt, ob sie etwas als im „allgemeinen“ Interesse be- 
stehend ansehen wollen oder nicht ’®. 
Einen ganz ähnlichen Standpunkt wie STAHL, jedoch ohne 
theologische Beigabe, nimmt SAvIGnY ein: Nach ihm (System I, 
Seite 22) „erscheint im öffentlichen Rechte das Ganze als Zweck, 
der Einzelne als untergeordnet, anstatt dass im Privatrecht der 
einzelne Mensch für sich Zweck ist und jedes Rechtsverhältnis 
sich nur als Mittel auf sein Dasein oder seine besonderen Zu- 
stände bezieht“. Abgesehen davon, dass dem praktischen Ju- 
risten, der sich im konkreten Falle entweder für die Kompetenz 
— 
13 Auch die legislativen Organe solcher Gemeinwesen geben sich — 
begreiflicherweise — nie mit der Frage ab, ob das oder jenes Rechtsver- 
hältnis im allgemeinen oder besonderen Interesse rechtsgültig sein soll. 
Nirgends wird bestimmt, ob eine Wechselschuld oder Steuerabgabe des- 
wegen geleistet werden muss, weil die Leistung im privaten oder öffent- 
lichen Interesse nötig ist. Diese Unterscheidung bleibt daher auch de lege 
lata vollends der subjektiven Auffassung jedes einzelnen Beurteilers über- 
lassen,
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.