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es widerstrebt ihr aber, dieselben auf die gleiche Stufe mit
privatrechtlichen zu stellen, daher werden sie durch die theo-
logische Mischung erhöht. Juristisch lässt sich die STAHL’sche
Konstruktion dahin formulieren, dass sie — wie alle in diese
Gruppe fallenden Konstruktionen — auf einer Differenzierung
der Zwecksatzung der objektiven Normen beruht. Eine Privat-
schuld zahle ich im alleinigen Interesse meines Gläubigers, eine
öffentliche Abgabe im „allgemeinen“ Interesse. Da es aber
keine einem Gegenstande oder einem Verhältnisse (sc. trans-
zendental) immanenten Zwecke und noch weniger Interessen
gibt, so ist diese Unterscheidung die labilste, die man sich den-
ken kann. Ob etwas in meinem Interesse ist oder geschieht,
kann authentisch nur ich selbst behaupten, und da die „Allge-
meinheit“, das „(semeinwesen® trotz der organischen Staats-
lehre sich nie selbst über seine Zwecke und Interessen äussern
kann, so bleibt es der Entscheidung der einzelnen Beobachter
anheimgestellt, ob sie etwas als im „allgemeinen“ Interesse be-
stehend ansehen wollen oder nicht ’®.
Einen ganz ähnlichen Standpunkt wie STAHL, jedoch ohne
theologische Beigabe, nimmt SAvIGnY ein: Nach ihm (System I,
Seite 22) „erscheint im öffentlichen Rechte das Ganze als Zweck,
der Einzelne als untergeordnet, anstatt dass im Privatrecht der
einzelne Mensch für sich Zweck ist und jedes Rechtsverhältnis
sich nur als Mittel auf sein Dasein oder seine besonderen Zu-
stände bezieht“. Abgesehen davon, dass dem praktischen Ju-
risten, der sich im konkreten Falle entweder für die Kompetenz
—
13 Auch die legislativen Organe solcher Gemeinwesen geben sich —
begreiflicherweise — nie mit der Frage ab, ob das oder jenes Rechtsver-
hältnis im allgemeinen oder besonderen Interesse rechtsgültig sein soll.
Nirgends wird bestimmt, ob eine Wechselschuld oder Steuerabgabe des-
wegen geleistet werden muss, weil die Leistung im privaten oder öffent-
lichen Interesse nötig ist. Diese Unterscheidung bleibt daher auch de lege
lata vollends der subjektiven Auffassung jedes einzelnen Beurteilers über-
lassen,