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einzige Element, in dem er leben kann, ähnlich wie dem Fisch
das Wasser unentbehrlich ist. Das öffentlich-rechtliche Verhältnis
umgibt ihn wie ein Fluidum, und entsteht überall dort, wo ein
sozialer Organismus entsteht. Jedes Wesen, das sich dem so-
zialen Organismus in irgend einer rechtlichen Weise nähert,
gerät auch sofort in das öffentlich-rechtliche Verhältnis hinein.
Es ist selbstverständlich, dass dergestalt das öffentlich-rechtliche
Element in sämtliche Verhältnisse eindringt, und es somit wie-
derum sehr schwierig ist, in konkreten Fällen zu entscheiden,
ob ein subjektives Recht der privatrechtlichen oder öffentlichen
Sphäre angehört. Aber keine Schule hat sich so gründlich von
allem Privatrecht emanzipiert, wie die der organischen Staats-
lehre. Sie schafft neue Begriffe unbekümmert darum, ob sie
dadurch in Widerspruch mit den Regeln des Privatrechts ge-
rät. Ja nicht einmal den Grundbegriff des subjektiven Rechtes
scheint sie für beide Gebiete gleich gelten zu lassen. So ge-
langt wenigstens ihr Haupt, GIERKE, in seinem sonst so aus-
gezeichneten Aufsatze: „Labands Staatsrecht und die deutsche
Rechtswissenschaft“ (in SCHMOLLERs Handbuch, VII) auf ein-
und derselben Seite (1097) zu dem Ergebnis, dass ein Organ
— ein solcher Rechtsbegriff muss seiner Meinung nach dem
reinen Privatrecht notwendig fremd sein (S. 1138) — zwar „kein
für sich bestehendes Rechtssubjekt, trotzdem aber ein geeignetes
Subjekt publizistischer Rechte und Pflichten ist“ !®.
Einen ähnlichen wie den eben angeführten Weg schlägt
eine Richtung ein, der ein besonderes „Gewaltverhältnis“ die
Signatur subjektiv-öffentlicher Rechte bildet. Als deren Haupt-
vertreter möchte ich O. MAYER anführen. Sie lässt sich auch
# Ich zitiere hier beide Sätze wörtlich: „Das Organ als solches ist
eigener Rechte gar nicht fähig, weil es keine „juristische Person“, kein
für sich bestehendes Rechtssubjekt ist.“ Und einige Zeilen weiter: „Mit-
hin ist das Organ als solches ein geeignetes Subjekt publizistischer Rechte
und Pflichten.“