Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 23 (23)

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jener Richtung gedächte, die in dieser Beziehung auf dem 
Standpunkt absoluter Negation verharrt. Nicht als ob etwa 
diese Richtung öffentlich-rechtliche subjektive Rechte den pri- 
vaten gleichsetzen würde; sie behauptet vielmehr geradezu die 
begriffliche Unmöglichkeit der ersteren. Als zwei besonders 
hervorstechende Vertreter wären hier BORNHAK und GUMPLOWICZ 
zu nennen. Dererstere setzt Staat = Herrschen und bleibt damit 
in der uralten patrimonialen Staatsidee stecken, für den letzteren 
ist der Staat rechtlich überhaupt nicht zu begreifen, sondern 
lediglich soziologisch. (Insofern beide trotzdem Professoren des 
Staatsrechtes sind, könnte man sie mit Theologieprofessoren 
vergleichen, die den Atheismus predigen.) Obwohl uns hier 
ihre Lehren nicht weiters interessieren, so ist ihr tatsächliches 
Vorhandensein trotzdem von ungemein symptomatischer Be- 
deutung für die Art und Weise, wie unsere juristische Staats- 
wissenschaft betrieben wird. Wäre nämlich der metho- 
dologische Standpunkt, den die Rechtswissenschaft heutzutage 
allgemein einnimmt, richtig, dann müsste man sowohl BORNHAK 
als GumpLowIcz (und alle übrigen, einen ähnlichen Standpunkt 
einnehmenden Theoretiker, die sich mit ihrer Ansicht dem Gros 
der Gelehrten gegenüber in verschwindend kleiner Minorität be- 
finden) für geisteskrank erklären, ähnlich wie etwa einen Mathe- 
matikprofessor, der die Richtigkeit des pythagoräischen Lehr- 
satzes nicht zugeben wollte. Da dies sicherlich nicht angeht, 
so bleibt nur übrig, sich darüber klar zu werden, dass es sich 
bei juristischen Begriffskonstruktionen — soweit sich diese aus- 
serhalb der lex lata bewegen und grundlegende Begriffe zum 
Gegenstande haben — nicht um ihre absolute Wahrheit und 
Richtigkeit, sondern im Grunde nur um Zweckmässigkeitsfragen 
terminologischer Natur handelt. Dass diese Zweckmässigkeits- 
fragen, über die jede wissenschaftliche Polemik nach Art des 
naturwissenschaftlichen Hypothesenstreites, wie bereits bemerkt, 
unmöglich und überflüssig ist, trotzdem von weitgehendster Be-
	        
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